Selbstkritik

Jürgen Pagel

Tipps zur Selbstkritik

Jede Fotografin und jeder Fotograf macht in seiner Laufbahn Entwicklungen durch. Es gibt Phasen ausgesprochener Kreativität, die sich mit solchen absoluter Ideenlosigkeit ablösen. Wer nicht weiß, wovon ich rede, wird das in naher Zukunft erleben (dürfen).

Die gute Nachricht zuerst.
Das ist vollkommen normal. Du kannst nicht immer Vollgas geben. Der Brunnen der Kreativität braucht mal eine Trockenperiode, um sich zu erholen. Alles gut.

Die schlechte Nachricht.
Es lässt sich nicht vermeiden. 

Da ich jedoch grundsätzlich ein sehr positiver Mensch bin, sehe ich in solchen kreativen Pausen auch etwas Gutes. Denn Du kannst sie nutzen, um Deine bisherigen Fotografien Revue passieren zu lassen, um Selbstkritik zu üben.

TIPP 1 - Beschäftige Dich mit Deinen Bildern

Markiere Deine guten Fotos und hebe sie hervor. Warum gefällt Dir ein Bild? Warum gefällt es Dir nicht? Hast Du die richtigen Einstellungen in Deiner Kamera gewählt? Wäre vielleicht ein anderes Format besser für die Bildwirkung?

Hätte vielleicht ein Wechsel der Perspektive dem Bild gut getan?

Vielleicht hat sich aber auch Dein Bearbeitungsstil zwischenzeitlich verändert. Bearbeite Dein Bild noch einmal neu. Ist es so besser?

Hier ein Beispiel. Das linke Bild wurde im Juni 2021 an einem (eigentlich) schönem Tag aufgenommen. Just in diesem Moment zogen ein paar Wolken vorbei und der Himmel wirkt ausgebrannt (was er nicht ist), strukturlos. Im Juni 2022 habe ich dieses Bild noch einmal bearbeitet, dabei grundsätzlich andere Einstellungen gewählt. Kein Crop, wie Du siehst. Die Perspektive lässt sich im Nachhinein sowieso nicht mehr ändern. Die Bildwirkung ist dennoch eine gänzlich andere.

Übrigens wieder ein Grund mehr, seine Bilder in RAW aufzunehmen. So etwas wäre mit JPEG nicht möglich gewesen.


Sichte Deine Fotos

Mit etwas Abstand (hier ein Jahr) betrachtet fragt man sich bisweilen, was und vor allem warum man etwas fotografiert hat. Ist Dir das nicht klar, dann lösche das Bild oder hebe es als Negativbeispiel auf. Manchmal kann man über seine eigenen Bilder nur den Kopf schütteln. Aber es gibt eben gut und schlechte Tage ;-).

Wenn Du voller Speicherkarte von einem Ausflug zurück kommst, Dich an Deinen Computer setzt und Deine Bilder sichtest, überlege Dir, was Deine Bildaussage sein soll(te). Und überlege Dir auch gleich, was Du hättest anders oder besser machen können.
Anschließend suchst Du Dir die Bilder heraus, die einer Nachbearbeitung zu unterziehen, sich lohnt.
Du kannst auch Tags vergeben wie z.B. "tolles_licht", "perfekte_schärfe" oder "gutes_motiv".


Anschließend sortierst Du die Bilder gem. ihrer Bildaussage.

  • Links Juni 2021, rechts Juni 2022

    Lege Serien an

    Ich empfehle ja grundsätzlich, nicht ohne Plan aus dem Haus zu gehen. Das verhindert übervolle Speicherkarten und viel Arbeit beim Sortieren am Computer.
    Heute ist beispielsweise ein 50mm-Tag, d.h. ich nehme nur meine Kamera (in meinem Fall die Fujifilm X-T4) und ein 50mm manuelles Objektiv mit. Das passt nicht für jedes Motiv, genauso wenig wie ein Objektiv mit 23mm nicht für jedes Motiv passt. Das reduziert schon mal die Auswahl erheblich. Die Karte wird also nicht voll werden. Und ein weiterer Vorteil ist, dass Du nicht jeden Scheiß fotografierst. Du machst Dir einfach mehr Gedanken bei der Motivauswahl. Gleichzeitig lernst Du, auch bewegte Motive manuell zu fokussieren und ganz nebenbei lernst Du Deine Kamera besser kennen.
    Das endet in aller Regel in einer Serie. Mehrere Bilder mit der gleichen Bildaussage aus unterschiedlichen Perspektiven oder verschiedene Bilder mit der gleichen Bildaussage mit unterschiedlichen Motiven, bilden dann ein zusammenhängendes Konstrukt.

    Dieses kannst Du dann mit einem Preset belegen, so dass Du nur noch Feinabstimmungen und Masken vornehmen musst.

    Links Juni 2021, rechts Juni 2022

    TIPP 2 - KRITIK VON BEKANNTEN UND FREUNDEN

    Mit der Kritik von Freunden und Bekannten ist das so eine Sache. Sie ist ok und (vielleicht) auch notwendig. Aber sie ist selten wirklich ehrlich. Sie kennen Dich und Deine Leidenschaft und wollen Dir nicht weh tun, weil sie wissen, wieviel Dir an Deiner Arbeit liegt. Aber dennoch solltest Du nicht darauf verzichten. Es tut gut, es motiviert und bisweilen sind ja auch ehrliche Meinungen dabei.
    Drucke Deine Bilder aus - im kleinen Format - und verschenke sie. Das erhöht den Wert und Deine Fotografien finden eher Verbreitung, als in irgendwelchen Social Media Kanälen, in denen die durchschnittliche Betrachtungsdauer eines Bildes durchschnittlich unter einer Sekunde liegt.


    TIPP 3 - KRITIK VON FREMDEN

    Sehr viel hilfreicher ist die Kritik von Fremden, also solchen Menschen, die Du gar nicht kennst. Das ist in aller Regel nämlich Dein Publikum, das könnten Deine zukünftigen Kunden sein.
    Zeige wildfremden Menschen in einem Café oder auf der Straße eines Deiner Bilder und frage sie nach ihrer ehrlichen Meinung. Frage sie, ob es sie anspricht, welche Bildaussage sie hinter der Fotografie vermuten und ob ihnen das Layout gefällt. Wenn es ihnen gefällt, dann hast Du - vorausgesetzt, Dir gefällt es auch - alles richtig gemacht und dann schenke ihnen das Bild (auf der Rückseite hast Du natürlich Deine Kontaktdaten aufgedruckt).

    Links wie immer Juni 2021, rechts Juni 2022

    Fazit

    Wie immer zum Schluss ein Fazit. Alles kann, nichts muss. Fotografiere nur dann für andere, wenn Du es musst. Ansonsten gilt Dein Geschmack. Die Bilder müssen Dir gefallen, aber Du solltest auch für Dich selbst die Messlatte ziemlich hoch hängen. Arbeite an Dir, gehe mit Dir sehr kritisch in's Gericht und lasse Dich davon auch nicht abbringen. Nur, wenn Du selber stetig an Dir und Deinen Bildern arbeitest, wirst Du richtig gut. Ich bin es noch lange nicht. Und wann es soweit ist, vermag wohl niemand zu sagen. Wahrscheinlich lernt man es nie wirklich richtig. Es wird stets Luft nach oben sein. Und genau das ist es, was anderes Fotografie so unglaublich viel Spaß macht.


    © Jürgen Pagel 2022

    Neunzehn58 Photographie

    Alte Kamera mit Tragegurt
    von Jürgen Pagel 29. November 2024
    Aufbau einer Kamera Diese Angaben sind auf digitale Kameras beschränkt. Es werden zwei Typen von Kameras unterschieden. Zum einen gibt es die DSLR (Digital Single Lens Reflex), also die digitale Spiegelreflexkamera, zum anderen das System der DSLM (Digital Single Lens Mirrorless), der spiegellosen Kamera. Die DSLM gibt es in einer kompakten Version mit meist fest verbautem Objektiv und als sogenannte Systemkamera, die aus einem Kamerabody und den Wechselobjektiven besteht – also einem System aus der Kamera selbst und den dazu passenden Objektiven. Jedes Kamerasystem verfügt über einen Bajonettanschluss, der dem Kamerasystem eigen, den Anschluss von Objektiven mit dem gleichen Bajonett-System ermöglicht. Sony verfügt über den A- und den E-Mount, Canon über den RF, RF-S, EF, EF-S und EF-M-Mount, Nikon über den F- und den Z-Mount sowie Fujifilm über den X-Mount.
    Eine alte Kamera
    von Jürgen Pagel 28. November 2024
    Die Kameramodi - das Herzstück einer jeden Kamera.
    Fotografierender kleiner Junge
    von Jürgen Pagel 27. November 2024
    Ich möchte Ihr Interesse wecken, Ihnen die wichtigsten Begriffe und Regeln vermitteln und Sie motivieren, sich eingehender mit der Materie zu befassen. So können Sie mit Hilfe weiterreichender Literatur bzw. YouTube-Links Ihr Bedürfnis nach noch mehr Informationen stillen. Physikalische und wissenschaftliche Aspekte werden – so gut, dass in diesem Rahmen möglich ist – gewissenhaft und frei von geistigen Erfindungen behandelt. Dennoch schreitet die Zeit voran und was heute richtig ist, kann morgen bereits der Vergangenheit angehören. Das Lesen dieses Manuals befreit Sie also nicht von der Verpflichtung, sich selbst auf dem neusten Stand der Erkenntnis zu halten.
    Fünf Fototipps, die dir helfen können, Langeweile
mit kreativen Ideen zu vertreiben
    von Jürgen Pagel 17. November 2024
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    von Jürgen Pagel 17. November 2024
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    von Jürgen Pagel 8. November 2024
    In der banalen Fotografie geht es nicht um das Ergebnis. Hier ist der Prozess des Fotografierens entscheidend. Oder eher die Fähigkeit, seine Umgebung wahrzunehmen und in einfachen Sachen das Schöne zu finden. Oder ein nur darum, Hässliches zu fotografieren. Ob der Betrachter das auch interessant findet, liegt nicht in der Macht, aber auch nicht in der Absicht des Fotografen. Keineswegs ist es eine Ausrede für schlechte Bilder und es geht nicht darum, schlechte Bilder schön zu reden. Banale Fotografie ist vielmehr eine Schulung für die eigenen Augen und Sinne.
    Frau mit Kamera auf Safari
    von Jürgen Pagel 4. November 2024
    Du kennst das sicher. Jeder Fotograf und jede Fotografin kennt das - ein Tag der Lustlosigkeit. Am Wochenende Zahnschmerzen gehabt, das Knie schmerzt und der Rücken zwickt. Kein Bock zum Fotografieren. Eigentlich nicht weiter schlimm. Aber sich dem Hinzugeben ist mir zuwider. Also den Hund und die Kamera geschnappt und das 100mm f/1.5 von TTArtisan aufgeschraubt (M42 auf Adapter für den X-Mount) - also auf die Kamera, nicht auf den Hund. Das Wetter nicht so toll. Kalt, feucht und diesig, erst gegen Mittag kam die Sonne hervor.
    Junge Frau mit einer Kompaktkamera in der Hand.
    von Jürgen Pagel 1. November 2024
    Wir Fotografen wissen es schon längst: "Nicht die Kamera macht das Bild, sondern der Fotograf". Dieser mittlerweile "phrasenhafte" Satz, für den 5 Euro in's sogenannte Phrasenschwein geworfen werden müssen, ist einerseits richtig, andererseits jedoch erläuterungsbedürftig. Fotografieren hat enorm viel mit Sehen zu tun. Sehen lernen und sehen können ist der Schlüssel für spannende, emotionale, dokumentarische, erlebnisbehaftete und technisch gute Fotografien (gleiches gilt übrigens auch für die Videografie). Und zusätzlich zu der gehörigen Portion des Sehens kommt noch eine ordentliche Prise Licht dazu. Dieser Mix ist es, der neben der Bildbearbeitung, die eigentliche Fotografie ausmacht.
    Kamera auf einer Landkarte liegend
    von Jürgen Pagel 29. Oktober 2024
    Einfach nur da sein. Da sein am Ort, auf der Straße, im Wald, auf dem Feld – egal. Wo auch immer. Das ist das wichtigste Rüstzeug für die Fotografie. Da sein. Wer immer nur in den eigenen vier Wänden sitzt, steht oder liegt, hat es komfortabel. Du machst heute das Gleiche wie gestern. Das ist sogar sehr komfortabel. Aber du bist nicht da. Nicht da, wo etwas ist, was sich nicht wiederholen wird, das einmalig ist. Nur jetzt und heute. Morgen ist es vollkommen anders. Es zählt einzig der Moment. Das Hier und Jetzt. Genau in diesem Moment.
    Objektivreihe
    von Jürgen Pagel 29. Oktober 2024
    Der Sweet Spot bezeichnet den optimalen Einstellungswert der Blende beim Fotografieren. Dieser Wert wird auch als "förderliche Blende" oder "mittlere Blende" bezeichnet. Er ermöglicht eine optimale Abbildungsleistung sowie einen optimalen Kontrast.
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