Denkfehler in der Fotografie - Folge 4

Jürgen Pagel

Der Beitrag wurde am 21.04.2023 aktualisiert.

Du brauchst unbedingt Vollformat

Aufgenommen mit einer Nikon Z6II, 35mm, f/1.8, 1/30 Sek., ISO 100

Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, von APS-C oder MFT auf Vollformat zu wechseln? Ja? Kein Problem. Nahezu jeder APS-C-User hat diese Gedanken schon einmal gehabt. Warum? Weil mit Vollformat alles besser wird!

Ich sage (bzw. schreibe) Dir: Nein, wird es nicht! So gut wie nichts wird besser - definitiv nicht Deine Bilder. Für Deine Bilder ist nicht der Sensor ausschlaggebend - das bist DU ganz allein.

Kleinbildsensoren haben in der Regel ein besseres Rauschverhalten, die Pixeldichte ist oft geringer. Der Bildausschnitt ist größer und das Bokeh (sofern Du darauf wert legst) erscheint etwas weicher bei vergleichbaren Objektiven.
Ansonsten gibt es nichts, was Du nicht auch mit einer APS-C-Kamera fotografieren könntest. Und das sage ich, der ich beide Kameratypen nahezu täglich im Einsatz habe.

Wann solltest Du auf Kleinbildformat wechseln?

Wenn Du Bock darauf hast. Und das hat mittlerweile noch nicht einmal etwas mit Profi- oder Hobbyfotograf zu tun. Es gibt genug professionelle Fotografen (womit nicht die Qualität der Bilder gemeint ist, sondern die Tatsache, dass ein Profifotograf mit seiner Art der Fotografie seinen Lebensunterhalt verdient), die zwischenzeitlich mit APS-C-Sensoren fotografieren. Ich kenne nicht wenige, die vom Vollformat auf eine Fujifilm X-T5 umgestiegen sind, obwohl das mit hohen Kosten ein der Folge verbunden ist.


Der Blick durch Deine Optik ist etwas verändert. Die Tiefenschärfe ist anders, der Bildausschnitt größer. Du musst ggf. näher ran, als mit einer APS-C-Kamera. Der Look Deiner Bilder wird sich geringfügig verändern. Bei Portraitaufnahmen wirst Du an einer APS-C-Kamera eher Brennweiten um die 50mm verwenden, vielleicht sogar 35mm. Bei einer Vollformatkamera wirst Du um Brennweiten um 50-85mm nicht herum kommen. Dadurch entsteht der andere Look. Wenn Du von APS-C auf Vollformat wechselst, hast Du wieder frische Motivation, weil Du etwas "Neues" in den Händen hast.

Aufgenommen mit einem iPhone 11, Brennweite 4,3mm, f/1.8, 1/25 Sek., ISO 80

Wann solltest Du beim APS-C-Format bleiben?

Wenn Du keinen Bock auf Vollformat hast. Denn das Vollformat bringt mehr Kosten mit sich. Viele Deiner APS-C-Objektive sind nicht auf Vollformat gerechnet. Diese im DX beispielsweise an einer Nikon Z6II zu verwenden, bringt Dir keinerlei Vorteile.
Bei einem Systemwechsel ist die Kamera der geringste Teil. Viel mehr Kosten kommen durch die neuen Objektive auf Dich zu. So bist Du schnell bei 3.000-5.000 Euro, die sozusagen on Top auf die Body-Kosten dazu kommen. Lerne lieber, bessere Bilder mit Deiner APS-C-Kamera zu machen und verwende das Geld für noch bessere Objektive, statt für ein anderes Format. Das Hersteller ihre neuen Vollformat-Kameras in den höchsten Tönen loben und aus dem Schwärmen nicht mehr herauskommen, ist normal und liegt in der Natur des verkaufen wollen - was vollkommen legitim ist.


Und wenn Du Deine Bilder ausschließlich im Internet veröffentlichst (Instagram, Facebook & Co.), sind all diese Überlegungen sowieso obsolet. Dann reicht in aller Regel auch das Handy.


Fazit

Überlege Dir vor einem Systemwechsel genau, was Du damit erreichen möchtest und prüfe genau, ob die angedachte Kamera diesem Zweck gerecht wird bzw. gerecht werden kann. Erst wenn Du Dir dessen absolut sicher bist und Du mit einer Vollformatkamera tatsächlich mehr Geld verdienen kannst, lohnt sich der Umstieg. Für Hobbyfotografen stellt sich diese Frage nicht!


© Jürgen Pagel 2022

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