Money, money, money - Stundensatzkalkulation

Jürgen Pagel

Stundensatzkalkulation für freiberufliche Fotografen*innen

Ein Thema das alle Selbstständigen, Fotografen*innen eingeschlossen, regelmäßig beschäftigt, ist die richtige Kalkulation des Stundensatzes.

Ich bediene mich hierzu einer einfachen Stundensatzkalkulation, welche die üblicherweise anfallenden Kosten dem zu erzielenden Gewinn gegenüberstellen.
Dabei stellen die Positionen wie Investitionen, Personalkosten, Kraftfahrzeugkosten u.ä. variable Kosten dar, die jeder für sich selbst bemessen muss. Ich gehe hier in diesem Beispiel von einem fiktiven Fall aus, der jedoch nahe an der Realität der meisten Fotografen liegen dürfte.

In diesem fiktiven Beispiel handelt es sich um einen Fotografen, der allein seine Aufträge ausführt, sich nur gelegentlich externer Mitarbeiter bedient und eine Auslastung von 50% bzw. 70% verzeichnet (die Auslastung nimmt erheblichen Einfluss auf die Stundensatzgestaltung).

Stundensatz 50% Auslastung Stundensatz 70% Auslastung


Das sogenannte Zieleinkommen (Gewinn) beschreibt dabei die Summe, welche erforderlich ist, um alle privaten Ausgaben decken zu können (Miete, Wasser, Strom, Heizung, Versicherungen und sonstige Lebenshaltungskosten). Der Betrag errechnet sich vor Steuer. Wir sprechen also vom Brutto-Gewinn. Zuzüglich der geschäftlichen Ausgaben erhältst du somit den Ziel-Umsatz.
Dieser Betrag deckt sich weitestgehend mit den Ausführungen von Lambert Schuster, der für Freiberufler einen Mindestumsatz von 120.000 Euro pro Jahr errechnet.


[https://lambertschuster.de/existenzgruender/stundensatz-kalkulation-fuer-selbstaendige-und-freiberufler/]


Bedenkt man dabei, dass seine Ausführungen aus dem Jahr 2017 stammen und die Inflation zwischenzeitlich enorm galoppiert ist, sind Beträge um die 120.000 Euro p.a. eher als zu niedrig anzusehen.


Die Arbeitszeit setzt sich zusammen aus den Kalendertagen abzüglich der Wochenenden, der Feiertage (hier BW) sowie der Urlaubs- und Krankheitstage.

Nun musst du nur noch die Arbeitstage im Jahr mit der Stundenzahl pro Tag multiplizieren und du erhältst die Arbeitsstunden pro Jahr.


Die Auslastung ist eine variable Größe. Je geringer die Auslastung, umso höher musst du deinen Stundensatz ansetzen. Üblicherweise geht man von einer Auslastung von 70% aus. Das heißt, 70% deiner Zeit kannst du dem Kunden in Rechnung stellen. 30% sind dem Kunden nicht anrechenbare Organisationszeit (z.B. Recherche, Fahrtzeiten zum Einkauf, Zeit für den Kamera- bzw. Zubehörkauf). Ich empfehle dir jedoch auch mit einem Worst Case-Szenario zu kalkulieren. So bist du auf jeden Fall vorbereitet, wenn es einmal nicht so gut läuft.

Die Corona-Pandemie hat viele Freiberufler an den Rand der Existenz geführt, weil sie ihre Stundensätze zu niedrig kalkuliert hatten und nicht von jetzt auf nachher mal eben nach oben anpassen konnten. Teilweise wurden Auslastungen von 10% und weniger erreicht – ein absolutes Horrorszenario. Wer zu diesem Zeitpunkt keine Rücklagen gebildet hatte, musste in die Insolvenz, weil ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Fortbestehen nicht darstellbar war.


Bedenke auch, dass du Aktionen und Sonderangebote wie temporäre Preisreduzierungen einkalkulieren musst.


Der in diesen Beispielen anvisierte Brutto-Stundensatz von 161,54 Euro bzw. 115,39 Euro stellt also die unterste Grenze dar. Brutto-Stundensätze von 200 Euro sind durchaus realistisch und mir sind aus meiner eigenen Tätigkeit genug Kunden*innen bekannt, die bereit sind, diese Sätze ohne Diskussion zu bezahlen.

Bedenke auch, dass der Preis den Kunden bestimmt. Niedrige Preise ziehen Kunden mit einem knappen Budget an. Führen deine Preise zu langanhaltenden Diskussionen mit deinem potenziellen Kunden, sind sie eher zu niedrig als zu hoch angesetzt. Kunden mit einem umfangreichen Budget diskutieren erfahrungsgemäß deutlich weniger über das Geld, sondern vielmehr über die damit verbundene Leistung, also den Wert, den dieser Auftrag für den Kunden hat.


Kalkuliere deine Preise richtig und verlange eine dem Wert deiner Arbeit angemessene Honorierung oder arbeite kostenlos. Ja, richtig gelesen – kostenlos. Auch wenn das immer wieder negiert wird. Kostenlos arbeiten kannst du bei Projekten, die dich persönlich weiterbringen oder die dein Portfolio aufwerten. Für Aufträge, die deinem vorhandenen Portfolio entsprechen, verlangst du dann bitte auch deine kalkulierten Preise ohne Wenn und Aber.


Fair kalkulierte Stundensätze sind transparent und lassen sich dem Kunden gegenüber auch ohne den Ansatz eines schlechten Gewissens darstellen. Außerdem lassen sie Spielraum für Rabattaktionen und Verhandlungen. Wer mit 70 Euro in die Verhandlung geht, wird letzten Endes bei 50 Euro landen. Wer mit 200 Euro ins Rennen geht, hat sehr gute Chancen, mit 160 Euro den Zuschlag zu erhalten.

Hohe, gut kalkulierte Preise, müssen zwingend auch mit einer 100%igen Leistung einhergehen, wohingegen niedrige Preise zu einer qualitativ schlechteren Leistung führen – weil die Motivation fehlt und der Dienstleister irgendwann feststellt, dass der Aufwand, den er betreibt, in einem ungünstigen Verhältnis zu seinem erzielten Umsatz steht.


Nach oben ist Luft, aber auch dem sind Grenzen gesetzt. Diese Grenzen definieren sich durch die Analyse der Konkurrenz, des Marktes und des Standorts. Entscheidend dabei ist deine eigene Position am und im Markt. Aber lasse dich nicht dazu hinreißen, deine Preise ausschließlich an denen der Konkurrenz auszurichten. Du weißt nämlich nicht, ob deine Mitbewerber ihre Preise kalkuliert oder diese aus dem Bauch heraus festgesetzt haben.


Fazit

Die Kalkulation des eigenen Stundensatzes ist nicht schwer. Und sie ist erforderlich, um den betriebswirtschaftlichen Nutzen einer Unternehmung darstellen zu können. Zu niedrige Stundensätze machen nicht nur die Preise einer ganzen Berufsgruppe kaputt, sondern führen zu einem vollkommen unnötigen Wettbewerb, der sich ausschließlich am Preis, aber nicht an der damit verbundenen Leistung orientiert. Ich lese oft von Stundensätzen um die 60 bis 70 Euro. Das ist (gerade in der heutigen Zeit) mutmaßlich nur möglich, wenn nahezu das gesamte Einkommen am Finanzamt vorbeigeschleust wird. Das kann und darf nicht das Ziel sein.

Jeder selbstständige Auftraggeber, jeder Privatkunde wird verstehen, warum du einen Stundensatz wählst, von dem du Leben kannst und den Kunden leben lässt. Diejenigen, die das nicht verstehen, solltest du dir nicht zu deinen Kunden machen. Die braucht niemand.


Gerne sende ich dir auf Anfrage eine Vorlage (Excel) für die Stundensatzkalkulation.


©2024 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design


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