Die drei Entwicklungsstufen Ihrer Fotografie

Jürgen Pagel

Die drei Entwicklungsstufen Ihrer Fotografie

Wie im richtigen Leben auch, unterliegt in der Fotografie alles dem Wandel. Bis Sie einen hohen Grad an Zufriedenheit erreicht haben, werden Sie wahrscheinlich drei Stufen durchlaufen müssen. In welcher der drei Stufen Sie persönlich landen werden, entscheiden Sie allein. Und ein bisschen Ihr Umfeld. Aber Sie haben die Trümpfe in der Hand. Sie müssen Sie nur zum richtigen Zeitpunkt ausspielen.

Erlernen von Formen und Techniken
Alle Schüler (hier: Fotografen) sollen die gleichen Veranlagungen haben, gleich welcher Charakter, welcher Körper und welche Voraussetzungen. Diese Formen und Techniken sind die Grundlage für das künftige Lernen, das Fort- und Weiterbilden.

Jetzt wird jemand einwenden, dass Talent eine ebenso große Rolle spielt. Ich kann Ihnen versichern: das tut es nicht. Auch im Sport wird Talent gerne mit der Konstitution verwechselt. Das eine hat mit dem anderen aber nichts zu tun. Die „Konstitution“ bezieht sich auf Merkmale wie Körperbau, also die Länge der Arme, der Beine, die Größe der Hände oder die Länge des Rumpfes. Jemand mit langen Armen ist weniger für den Kraftsport geeignet, weil größere Hebel zu bewegen sind, das Drehmoment sich u.U. signifikant erhöht – was es dann zu bewältigen gilt. Das lässt sich nicht ändern.
Andere Faktoren wie Ausdauer, Geschicklichkeit, Beweglichkeit, Kraft und Schnelligkeit gehören zu den konditionellen Eigenschaften und die sind trainierbar.

Auf die Fotografie übertragen bedeutet dies, dass Eigenschaften wie fotografisches Sehen, die Fähigkeit der Bildeinteilung, der Komposition, der Umgang mit Licht und der Technik selbst, den konditionellen Faktoren entsprechen – also erlern- und trainierbar sind. Das wiederum hängt von der Auffassungsgabe ab – der eine lernt etwas schneller, der eine ist mehr ein visueller Lerntyp, wohingegen ein anderer eher der taktile oder der verbale Lerntyp ist.
Aber all das hat nichts mit dem Talent zu tun. Nichts davon ist angeboren, sondern wird von frühen Kindesbeinen erlernt, erfühlt und erfahren.


Begreifen und hinterfragen

Ab einem bestimmten Reifegrad wird der Schüler frei. Er kann seine erlernten Formen und Techniken frei einsetzen, verlässt die Grundlagen und entwickelt sich ständig weiter. Er begreift die Hintergründe und hinterfragt Regelwerke. Er ist Lehrer und Schüler zugleich.
Um wieder einen Vergleich mit dem Sport zu ziehen, möchte ich das Beispiel eines Bogenschützen heranziehen. In der ersten Stufe lernt er die Grundtechniken, das Material kennen, schult den Blick und beherrscht den Atem. In dieser zweiten Stufe sieht er sich in der Lage, Entfernungen einzuschätzen, unterschiedliche Entfernungen zu bewältigen und einem Novizen die erste Stufe zu vermitteln.



Loslassen und weiterentwickeln

Der Schüler gewinnt zunehmend Unabhängigkeit und lernt, eigene kreative Impulse zu setzen. Er zieht allein mit seiner Fotoausrüstung los, beherrscht die Technik und begreift Zusammenhänge. Er löst sich von seinem Mentor und lernt aus Erfahrung durch die eigene Entwicklung. Er findet seinen Stil und lebt diesen. Insofern es dem Mentor gelungen ist, diese Selbstständigkeit zu unterstützen und zu fördern, werden sich die Wege trennen, ohne dass ein Mentor in Vergessenheit geraten wird.



Fazit (diesmal eines von der längeren Sorte)

Sie können nun selbst entscheiden, in welche Entwicklungsstufe Sie sich einordnen. Keine dieser Stufen ist schlecht, keine gut. Sie sind wertungsfrei und beschreiben lediglich einen Weg, den jeder zu gehen hat. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Und die gute Nachricht ist, dass dieser Weg nie zu Ende ist. Und dass jeder diese Stuf
en durchwandern muss. Es gibt keine Abkürzung.


Sie befinden sich in der ersten Stufe? Ihnen droht keine Gefahr. Gehen Sie Ihren Weg konsequent weiter. Sie sehen sich in der zweiten Stufe? Dann ist Vorsicht geboten. Werden Sie nicht übermütig. Kaufen Sie keine neue Kamera, denn 40,50 oder mehr Megapixel gehören bald dank der KI der Vergangenheit an. Sie erhalten bereits heute schon Fotografien mit einer Auflösung, die 80 oder mehr Megapixel entspricht, obwohl das Ausgangsmaterial nur 24 MP zu bieten hatte. Und das nahezu ohne jeden Qualitätsverlust. Sie wollen nachträglich eine Person in ein Bild einfügen? Kein Problem. Selbst bei näherer Betrachtung merkt niemand, dass da eigentlich keine Person war. Die neue Version von Photoshop lässt grüßen. Sie wähnen sich in der dritten Stufe? Dann ist Alarmstufe Rot. Sie haben schon viel Geld investiert, verfügen über einen großen Kundenstamm und haben viele liebe Follower auf Instagram, Facebook oder YouTube und fürchten sich nicht vor der KI? Sollten Sie aber.


Warum?

Gerade heutzutage erfahren viele professionelle Fotografen, dass eine berufliche Trägheit und das Festhalten an dem Gelernten, ohne den Blick über den Tellerrand zu riskieren, schnell das Ende einer bisher erfolgreichen Karriere bedeuten kann. Die künstliche Intelligenz entwickelt sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit fort und wird sehr wahrscheinlich die Arbeit vieler Menschen – so auch der Fotografen – nachhaltig verändern.


Es ist ein weit revolutionärerer Schritt als der Sprung von der analogen zur digitalen Fotografie und nochmal um ein Vielfaches größer als von der Spiegelreflex- zur spiegellosen Systemkamera. All diese Veränderungen haben neue Märkte geschaffen, in denen sich Fotografen zurechtfinden konnten und in einer Nische ein neues Zuhause gefunden haben. Die KI allerdings wird ohne jeden Zweifel nur noch wenige Nischen übriglassen. Nur wer seinen Kunden ein besonderes Erlebnis bietet, wer Portraits anfertigt, das Leben fotografiert, ein Teil der Zeitgeschichte ist und den Entwicklungsprozess der Artificial Intelligence aktiv begleitet, wird künftig noch eine gute Chance haben, sein Gewerbe weiterhin erfolgreich ausüben zu können. Alle anderen werden sich nach neuen Jobs umschauen müssen. Gute Nachricht für die Hobbyisten: bleiben Sie entspannt. Werden Sie Zeuge eines großen Schrittes der Menschheit und gehen Sie Ihren Weg durch die Entwicklungsstufen der Fotografie unaufhaltsam weiter.


©2023 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design


Neunzehn58 Photographie

Vintage Kamera
von Jürgen Pagel 1. April 2025
Wenn Hersteller Produkte in kurzen Zyklen auf den Markt bringen, nennt man dies oft "agiles Produktmanagement" oder "frequente Produkteinführungen". Dieser Ansatz ermöglicht es Unternehmen, schneller auf Marktänderungen und Kundenfeedback zu reagieren und ständig ihre Produkte zu optimieren. Sollte man meinen.
Schachspieler mit Strategie
von Jürgen Pagel 27. März 2025
Strategisch zu Fotografieren ist keineswegs eine Vorgehensweise von Kriegsberichterstattern, sondern ein Muss, wenn Fotografieren jedweder Art schnell und zuverlässig gehen soll. Schnell gehen soll es bei der Food-Photography, denn wenn Essen lange steht, wird es unappetitlich und unansehnlich. Schnell gehen muss es auch manchmal in der Street-Photography, denn der eine entscheidende Moment kommt so schnell nicht wieder.
Abitur
von Jürgen Pagel 24. März 2025
Die Agentur taucht ab und zieht den Kopf ein. Postalische Versuche, diese zu kontaktieren, laufen ins Leere. Ein lohnenswertes Video von ACHTUNG ABZOCKE, das wieder einmal die Abgründe von Geschäftsgebaren zeigt. Die begangene Urheberrechtsverletzung durch Verwendung von nicht genehmigten Videomaterial eines US-amerikanischen Unternehmens wird die vermeintliche Agentur auf jeden Fall sehr teuer zu stehen kommen. Ich persönlich kann und werde nicht für die gesamte Fotografie- und Agenturbranche sprechen.
Passbild in unterschiedlichen Ausführungen
von Jürgen Pagel 19. März 2025
Es gab jedoch vermehrt Klagen von Fotografen, die auf eine große Unklarheit hinsichtlich der neuen Vorgehensweise bei der Erstellung von Passfotos hinweisen, obwohl diese Neuregelung bereits im Oktober 2023 angekündigt wurde. Neu ist, dass es in den Behörden die Möglichkeit geben soll, das Passbild vor Ort machen zu lassen. Ab Mai 2025 können Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden, ob sie das Foto für ihr Ausweisdokument bei einem Fotografen im Fotostudio oder in der Pass- und Ausweisbehörde erstellen lassen. Für Personalausweis und Reisepass gelten vorübergehend andere Regeln als für den Führerschein oder einen Behindertenausweis. Für den Personalausweis ist eine E-Foto erforderlich, d. h. die Fotos werden nicht mehr ausgedruckt, sondern via einer sicheren Datenverbindung elektronisch an das jeweilige Amt übertragen. Ab Mai 2025 benötigen Fotografen neben der Zertifizierung eine bestimmte Software zum Versenden der Daten in eine Cloud.
Kamerabedienung - Hand an einer Kamera
von Jürgen Pagel 18. März 2025
Dies ist der Start einer Serie von Tipps zur Fotografie. Das Besondere ist dabei die Möglichkeit, Deine Bilder zum jeweiligen Themenbereich via E-Mail zu senden. Zu einer Auswahl der Bilder findet dann jeweils eine Woche später eine Bildbesprechung bzw. ein Resümee statt. Dies kann auf Wunsch des Fotografierenden öffentlich oder per Zoom-Call geschehen.
Schafherde im Abtrieb
von Jürgen Pagel 16. März 2025
Brauchst Du als Fotograf stets die neueste Kamera? Nein. Brauchst Du das nächste Stativ, verbunden mit der Hoffnung, dass Du nun endlich das passende gefunden hast? Nein. Brauchst Du das dritte 27mm-Objektiv, diesmal aber mit f/1.2 statt f/1.8? Nein. Brauchst Du das x-te Schnellspann-System für Deine Kamerabefestigung, obwohl Dein bisher genutztes einwandfrei seinen Dienst verrichtet? Nein. Und wie schaut’s aus mit einem neuen Kameragurt? Brauchst Du auch nicht. Vom Unterschied zwischen brauchen und wollen. Der Unterschied zwischen "brauchen" und "wollen" ist erheblich. Wenn man etwas braucht, bedeutet das oftmals eine gewohnheitsmäßige Abhängigkeit, die in vermeintlichen Mangelzeiten besonders spürbar wird. Man verliert die Unabhängigkeit. Im Gegensatz dazu will man etwas haben, weil damit oder deswegen die Zeit schneller vergeht oder es einen glücklich macht, ohne dass man davon abhängig ist.
von Jürgen Pagel 10. März 2025
„Es ist für jeden Fotografen eine Herausforderung, bei ungünstigen Lichtverhältnissen oder unfotogenen Motiven, nicht auf den Auslöser zu drücken.“ Ein absolut zutreffender Satz. In vielen Fort- und Weiterbildungen zur Fotografie hört und liest man, dass Quantität vor Qualität geht – um Erfahrungen zu sammeln, um sicher mit der Technik umzugehen zu lernen. Alles richtig. Aber man muss nicht jedes Bild der Öffentlichkeit preisgeben. Einer sorgfältig kuratierten Sammlung ist der Vorzug zu geben. In den sozialen Medien finden sich mittlerweile Millionen Bilder, die anzuschauen gar nicht mehr möglich ist. Zumal der berüchtigte und von allen Fotografen gefürchtete Algorithmus darüber entscheidet, was man zu sehen bekommt und was nicht. Auch das lt. Meta ein für den Betrachter/ Leser wertvoller Content entscheidend ist, scheint sich bei Meta selbst nicht herumgesprochen zu haben.
Gänseblümchen mit Schlüssel als Zeichen der Wertschätzung
von Jürgen Pagel 6. März 2025
Wertschätzung ist ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Unternehmenskultur, die sich nicht nur in Worten, sondern auch in der Darstellung der MitarbeiterInnen in der Außendarstellung widerspiegelt. In vielen Unternehmen wird Wertschätzung zwar betont, schriftlich fixiert und oftmals (theoretisch) vorgegeben, doch in der Praxis bleiben die Menschen, die den Betrieb am Laufen halten, oft unsichtbar. Sie werden weder auf der Website noch in den einschlägigen sozialen Kanälen oder auf der Über-uns-Seite vorgestellt. Dies führt zu einer mangelnden Anerkennung der Arbeit dieser MitarbeiterInnen, was wiederum zu einer Abwanderung von qualifizierten Fachkräften führen kann. Wertschätzung wird oftmals unterschätzt!
Bild einer Pflanze bei Sonnenschein
von Jürgen Pagel 2. März 2025
Einfache Fotografie produziert einfache Ergebnisse. Einfache Ergebnisse gibt es genug. Herausragende Ergebnisse sind das Produkt von Sachkenntnis, technischem Verständnis, Kenntnis der Bildgestaltung und Bildbearbeitung sowie der Kenntnis der Regeln oder der Fähigkeit, diese erfolgreich zu brechen. Alles andere funktioniert nicht.
Handy mit Instagram-Zugang
von Jürgen Pagel 25. Februar 2025
In den letzten Jahren ist eine bemerkenswerte Entwicklung in der Welt der sozialen Medien zu beobachten: Die Bilder auf Instagram wirken zunehmend austauschbar. Wo früher Kreativität und Individualität dominierten, scheint heute ein homogenes Bild von perfekt inszenierten, aber oft wenig einzigartigen Fotos vorzuherrschen. Doch woran liegt das?
Weitere Beiträge
Share by: