7 Fehler in der Landschaftsfotografie

Jürgen Pagel

7 Fehler, die häufig in der Landschaftsfotografie gemacht werden

Schon wieder Fehler? Ja. Schau' Dir mal die Bilder der vergangenen Jahre an. Ich garantiere Dir, Du wirst welche finden, die mindestens einen der n.g. Fehler beinhalten und welche die Wirkung des Bildes negativ beeinflussen.

Es gibt weitaus mehr Fehler, als diese Sieben. Aber genau diese 7 Fehler sind es, die ein Bild extrem stark beeinflussen, wenn man sie nicht beachtet. Außerdem ist Sieben ungerade und ungerade Zahlen kann man sich besser merken...

Fehler #1: Dem Motiv nicht genügend Raum zum "Atmen" geben.
Du möchtest eine Zahl? Dann lasse ca. 10-15% Raum zum Rand des Fotos hin. Kein Problem, denkst Du? Doch, ein Riesenproblem, denn Du musst bereits weit vor der Betätigung des Auslöseknopfes genau diesen Raum berücksichtigen, ohne die anderen "Regeln" außer acht zu lassen. Trotz dieser 10-15% kann man dennoch formatfüllend arbeiten - "Fill the frame" but "Let it breath".

Fehler #2: Zuviel unbedeutender Mittelgrund im Bild.

Ein Bild wird üblicherweise in einen Vorder-, einen Mittel- und einen Hintergrund eingeteilt, wobei der Mittelgrund gerne vernachlässigt wird.
Wie Du die Räume einteilst, bleibt Dir überlassen - auf die Bildwirkung hat das jedoch maßgeblichen Einfluss. Vordergrund macht zwar Bild gesund, aber ein Vordergrund der keinen Kontext zum Motiv selbst hat, ist bedeutungslos. Ein zu unruhiger Hintergrund erweckt den Anschein eines "vollen" Bildes, lenkt vom Motiv ab und verhindert das Lenken des Auges.
Zuviel Mittelgrund macht ein Bild schnell langweilig. Das Auge sucht nach Führung, aber es verliert sich irgendwo zwischen dem Vordergrund und dem Motiv selbst.

Fehler #3: Tripod/ Stativ wird zum ständigen Wegbegleiter.

Das Stativ ist in der Landschaftsfotografie durchaus hilfreich, wenn es darum geht mit ND-Filtern zu arbeiten, lange Belichtungszeiten einzusetzen oder mit zeitlicher Verzögerung auszulösen, um ein verwackeln zu verhindern. Aber das sollte es dann auch gewesen sein, denn ein Stativ verhindert auch Mobilität, das schnell mal aus der Hand fotografieren, das Erzeugen besonderer Effekte und es bindet an einen einzigen Platz. Richtig ist, dass man an einer Location viel mehr Zeit verbringen sollte, als wir das gemeinhin tun und dann ein Stativ durchaus sinnvoll ist. Richtig ist aber auch, dass Du bei Tageslicht und einer Verschlusszeit von 1/2000 Sekunde kein Stativ benötigst.

Fehler #4: Zu wenig Zeit an einer Location.

Ich glaube tatsächlich, dass viele tolle und einmalige Momente verloren gehen, weil man sich viel zu wenig Zeit an einer Location nimmt - v.a. dann, wenn diese zuvor mit großer Sorgfalt ausgesucht wurde. Nur geringfügige Veränderungen des Wolkenstandes, der Wolkenbewegung, zaubern fantastische Lichtspiele. Zwei Stunden später schaut auf Grund der veränderrten Lichtsituation eine Location vollkommen anders aus.
Also nimm Dir künftig etwas mehr zum Trinen und zum Essen mit, um längere Zeit an einem interessanten Punkt zu verweilen.

Fehler #5: Kamera und Rucksack nicht einsatzbereit.

Tatsächlich passiert das gar nicht so selten - habe ich mir sagen lassen. Und es kann fatal enden. Schnell in die Klamotten springen, Schuhe anziehen, Rucksack schnappen und raus aus dem Haus. An der Location dann die Überraschung: die Batterien stecken noch im Ladegerät und das wichtigste Objektiv liegt nach der Reinigung der Linsen noch im Schrank. Im Hobbybereich ist es ärgerlich, im Profisegment nicht mehr heilbar - wie man so schön sagt.
Deswegen mache folgendes: erstelle Dir eine Liste von den Dingen und Zuständen, die einsatzbereit in den Rucksack oder die Fototasche gehören.


  • Immer voll aufgeladene Batterien in der Kamera
  • Formatierte, leere Speicherkarte oder CF-Express
  • Alle wichtigen Objektive on Board, mindestens jedoch die jeweils lichtstärksten Brennweiten zwischen 13 und 200 mm  in Form von Festbrennweiten und/ oder Zoomobjektiven.
  • Reinigungstuch
  • Blasebalg
  • Stellst Du bei der Bildbetrachtung fest, dass Du Schmutz auf dem Sensor hast, entferne ihn sofort und warte nicht damit. Beim nächsten Shooting sind nämlich die Flecken immer noch auf dem Bild.
  • Kleine Flasche (0,5 Liter) im Rucksack
  • Einsatzbereites Stativ
  • Filter
  • Adapter
  • Ersatzakkus
  • Imbus-Schlüssel in den für die Kamera und das Zubehör gebräuchlichen Größen
  • u.a.m.



Fehler #6: Nichtbearbeiten von Bildern.

Besonders in Anfängerforen lese ich immer wieder, das voller Stolz unbearbeitete Bilder veröffentlicht werden. Selten als RAW, aber eben als JPEG des unbearbeiteten RAW's findet man dann diese flauen Bildchen mit dem Hinweis: OOC oder SOOC. Nein Leute, das ist es nicht.

Ein RAW ist kein Bild, sondern eine Datei. Wer also in RAW fotografiert, macht keine Bilder, sondern er erstellt Dateien. Diese Dateien werden mit einem Bildbearbeitungsprogramm oder einem RAW-Konverter in grafisches Material umgewandelt, damit es entsprechend bearbeitet werden kann. Wer auf die Bearbeitung von RAW-Dateien keine Lust hat, fotografiert gleich in JPEG und überlässt das Aussehen des Bildes letztendlich einem indischen oder chinesischen Programmierer. Im Falle der Filmsimulationen von Fujifilm funktioniert das wirklich herausragend. Bei vielen anderen Kameras mehr schlecht als recht.
Achtung: Eine RAW-Datei ist niemals eine Abbildung der Realität.

Nochmal Achtung: Ein von der Kamera ausgegebenes JPEG ist niemals die Abbildung der Realität, sondern das Ergebnis chinesischer oder indischer Programmierer.

Es ist also einfach falsch, wenn jemand meint, er müsste alle verurteilen, die ihre Bilder bearbeiten. Ich rede bzw. schreibe nicht vom Composing, sondern von der sinnhaften Umwandlung einer RAW-Datei in ein nutzbares und zur Veröffentlichung vorbereitetes Foto.

Fehler #7: Dem Foto fehlt das entscheidende Etwas - nennen wir es X-Factor.

Der X-Factor ist der Grund, warum wir bei der Betrachtung des einen oder anderen Bildes minutenlang in einem Bild verweilen. Das macht den Unterschied zur breiten Masse. Das gelingt sicher nicht bei jedem Bild. Wahrscheinlich noch einmal bei jedem zehnten Bild. Aber wenn man tatsächlich diesen X-Factor entdeckt hat, weiß man: das ist es. Genau deswegen fotografiere ich! Der einzige Moment, der einzige Augenblick, für den sich diese ganze Schinderei lohnt. Und das sind dann die Bilder, vor denen die Leute stehen bleiben.

Fazit

Alle vorgenannten sieben Fehler sind vermeidbar. Ohne technischen oder zeitlichen Aufwand. Außerdem ist es überhaupt nicht schlimm, Fehler zu machen. Schau' Dir nach der Bearbeitung Deine Bilder an und finde Fehler. Und genau die machst Du beim nächsten Mal nicht mehr.

©2024 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
von Jürgen Pagel 06 Apr., 2024
Der Algorithmus von Facebook, Instagram, WhatsApp & Co. macht nicht nur einem Content Creator das Leben schwer. Jeder und jede, die mit dem Ziel, Zugriffe auf dem eigenen Account zu generieren, muss sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Auf YouTube beklagen sich zunehmend Kanalinhaber, die bisher hohe und stets zunehmende Zugriffe zu verbuchen hatten, über rückläufige Zuschauerzahlen. Instagram „lebt“ zwischenzeitlich nur noch von Reels und auch bei diesen ist es unumgänglich, sich mit den Gemeinheiten des Algorithmus auseinanderzusetzen. Es reicht nicht, ein Reel zu posten und darauf zu vertrauen, dass es von möglichst vielen Usern angesehen wird.
von Jürgen Pagel 04 Apr., 2024
Leider - und das ist eine offene Kritik an die Adresse vieler (natürlich nicht aller) Fotohändler - wird eine Kamera allzu oft mit einem sogenannten Kit-Objektiv verkauft. Dabei handelt es sich ausnahmslos um preiswerte Objektive im Zoombereich, mit denen der Käufer sofort mit dem Fotografieren beginnen kann. An sich eine gute Idee. Allerdings stellen diese Kit-Objektive den Kunden nur in Ausnahmefällen zufrieden. Sie sind nicht besonders lichtstark, d.h. die Offenblende beginnt bei f/3.5 und endet bei f/6.3 oder f/6.5. Das mag für den Anfang ausreichend erscheinen, ist es aber nicht.
von Jürgen Pagel 01 Apr., 2024
Wenn es irgendetwas gibt, dass mit vielen Fallstricken versehen, zum Stolpern eines nahezu jeden Anwenders führen kann, dann sind es das Urheberrecht (UrhG) und die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Fotografen bewegen sich erfahrungsgemäß regelmäßig in beiden Bereichen. Der Street-Fotograf muss darauf achten, nicht gegenständliche Kunst und Gebäude im Hintergrund zu haben, die eine Urheberrechtsverletzung wie auch einen Verstoß gegen die DSGVO darstellen. Der Produktfotograf muss sicher sein, dass er die Logos und Etiketten von Requisiten entweder sorgfältig verbirgt oder die Rechte der Darstellung daran besitzt. Der Portraitfotograf benötigt einen Vertrag, in dem die Rechte des Models, aber auch seine eigenen Rechte definiert und geregelt sind. Das gilt für Hobby- wie für Berufsfotografen gleichermaßen.
Weitere Beiträge
Share by: