Wann ist ein Fotograf ein Fotograf?

Jürgen Pagel

Wann ist ein Fotograf ein Fotograf?
Gedanken zur Berufung
Inspiriert durch einen Beitrag von Gil Gropengießer

Was sich zunächst wie ein Rechtschreibfehler liest, ist ein ernstes Thema, dass die Gemüter der (professionellen) Fotografen umtreibt, seit am 24.12.2003 (ein Weihnachtsgeschenk) der Beruf des Fotografen zulassungsfrei wurde.
Für die zulassungsfreien Handwerke (auch die der Fotografen) sind keine besonderen Qualifikationsnachweise erforderlich, um sie selbstständig auszuüben. 41 Handwerke sind als zulassungsfreie Handwerke in der Anlage B Abschnitt 1 der Handwerksordnung zusammengefasst. Zulassungsfreie Handwerke müssen nicht in der Handwerksrolle eingetragen werden.

Obwohl das nun schon fast 25 Jahre her ist, ist die Fotografenszene immer noch verunsichert und schaut schon fast angsterfüllt auf die Masse der Hobby- und Freizeitfotografen.

Für viele stellt sich die Frage, wieso sich jemand Fotograf nennen darf, obwohl er keine Ausbildung abgeschlossen hat. Das ist einfach zu erklären. Mit dem Wegfall der Zulassung entfällt auch die Verpflichtung zu einer Berufs-, einer Prüfungs- und einer Ausbildungsordnung. Sind diese Verordnungen obsolet geworden, steht es jedem frei, diese Berufsbezeichnung zu wählen.
Andere Länder – wie beispielsweise Island, welches auch zu Europa gehört – gehen damit sehr viel entspannter um. Wer schon mal das Dach eines Hauses gedeckt hat, kann das jederzeit und überall auf der Insel machen. Besondere Qualifizierungen sind dazu nicht erforderlich.
Ich persönlich finde dieses Vorgehen durchaus gut. Denn sind wir ehrlich: Wie viele Kfz-Mechaniker kennen sie, die erstklassige Arbeit abliefern? Wie alt sind diese? Doch meistens Jahrgang 70 und älter. Von den Jungen kenne ich so gut wie keinen, der für das viele Geld, das sie verdienen, eine fachgerechte Arbeit abliefert – zumindest nicht, wenn’s brenzlig wird und die Anforderungen steigen.

Ähnlich verhält sich das auch bei den Fotografen. Nur allein die Tatsache, dass jemand vor dreißig  Jahren eine Ausbildung gemacht hat, qualifiziert sich nicht zwingend für einen guten Fotografen. Wer sich dreißig Jahre nicht fort- und weitergebildet hat, auf der Stelle tritt, 10 Jahre aus dem Beruf raus war und wieder einsteigt, sich moderner Technik verweigert und sowieso gerne etwas anderes machen möchte, ist zwar ein Fotograf, aber eben kein Guter. Wahrscheinlich nicht. Vielleicht doch. Wir wissen es nicht.

Gegenüber zu stellen sind die anfänglichen Hobbyisten, die sich intensiv mit der Materie über Jahre hinweg befassen, sich autodidaktisch oder in Präsenzfortbildungen und Workshops weiterbilden und sich dann entschließen, sich selbstständig zu machen. Ihre ersten Hochzeiten fotografieren, sehr zum Gefallen der Gäste und des Brautpaares und nach einiger Zeit der regelmäßigen Übung großartig abliefern. Sind das dann keine Fotografen?

Ich finde, so einfach können wir uns das nicht machen. Gil meinte, es gehören fünf Aspekte zum Dasein als Fotograf, bei denen idealerweise alle zutreffen sollten, um sich als Fotograf bezeichnen zu können. Ich teile diese Meinung zu einhundert Prozent, auch oder vielleicht gerade deshalb, weil ich anderer Meinung war. Aber auch das gehört zur Weiterentwicklung dazu: die Meinung anderer respektieren, anzuerkennen und zu seiner eigenen Meinung zu machen. Der Weg steht jedem offen und selbstverständlich darf man anderer Meinung sein.

Fünf Aspekte, um sich Fotograf nennen zu können

1. Selbstbezeichnung
Richtig, sich selbst Fotograf nennen. Was eigenartig klingt, hat doch einen ernsten Hintergrund. Jeder ist das, was er denkt zu sein. Ein Hobbyknipser, der im Urlaub ein paar Bilder macht, wird sich nicht als Fotograf bezeichnen. Man verbindet mit dieser Bezeichnung, ohne in tiefe Gedanken zu verfallen, ein professionelles Vorgehen, ein Mindestmaß an Können, dass dem Hobbyknipser üblicherweise fremd ist. Wer jahrelang so fotografiert, hat wahrscheinlich irgendwann das Bedürfnis, sich mit der Materie verstärkt auseinanderzusetzen und avanciert vom Knipser zum Fotografen.

2. Intention, Ziel und Vision
Hobbyknipser denken wenig in Geschichten. Storytelling ist nicht so ihr Ding. Sie fotografieren etwas, was sie sehen und was ihnen gefällt und denken nicht darüber nach, ob das einen Sinn ergibt.
Fotografen dagegen arbeiten konzeptionell. Sie haben eine Vision, von dem, was sie fotografieren wollen und verfolgen ein konkretes Ziel. Mit anderen Worten: sie haben einen Plan.

3. Tiefergehende Auseinandersetzung mit der Fotografie
Sowohl technisch wie visuell setzen sich Fotografen mit der Materie auseinander. Sie überlegen sich – anders als Hobbyknipser - wie sie ihre Ergebnisse erzielt haben und bewegen sich in der Fotografie-Blase. Sie besuchen Fortbildungen, Workshops und lesen viel über die Fotografie bzw. schauen sich beispielsweise auf YouTube aktuelle Videos zum Thema an.

4. Selektion und Nachbearbeitung
Fotografen löschen Ausschuss und trennen sich von nicht gelungenen oder bedeutungslosen Bildern. Sie sortieren und ordnen, erstellen ein Portfolio, betreiben eine eigene Website, löschen Bilder, fügen neue hinzu und ordnen alles nach einem für sie passendem System. Vor allem widmen sie viel Zeit in die Nachbearbeitung und damit der Optimierung ihrer Bilder.

5. Die Qualität deiner Arbeit ist beständiger
Fotografen wissen mit unterschiedlichen Ausgangssituationen umzugehen und verzichten auch mal auf ein Foto, wenn die Bedingungen sehr ungünstig sind. Sie veröffentlichen keine unscharfen Fotos. Sie reagieren bewusst und kontrolliert auf die unterschiedlichsten Situationen, ein Bild ist wie das andere. Dadurch liefern sie gleichmäßig gute Fotos ab.
Dadurch fallen sie auf, Kunden werden auf sie aufmerksam und es erfolgen Buchungen.

Fazit
Ist nur derjenige ein Fotograf, der mit seiner „Kunst“ Geld verdient? Mitnichten. Viele berühmte und großartige Fotografen haben nie mit der Fotografie so viel verdient, dass sie davon Leben konnten. 
Viele fantastische Maler und Bildhauer haben ihr Leben lang ein sehr bescheidenes Dasein geführt, weil ihnen das große Geld verwehrt blieb. Trotzdem waren und sind sie großartige Künstler.
Es wäre also falsch, die Professionalität am Geldverdienen festzumachen.

Treffen alle Aspekte auf dich zu, bist du ein Fotograf. Dann darfst du dich so nennen und musst dir kein schlechtes Gewissen einreden und die Konkurrenz nicht fürchten.

©2024 Jürgen Pagel

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Es gibt sie noch, diie KI kann sie nicht ersetzen - schöner und anmutiger denn je. Die Models. Wer sich in der Portraitfotografie verbessern möchte, kommt am TFP - Time for Print - nicht vorbei. TFP steht für "Time for Prints". Das heißt, dass der Fotograf seine Arbeitszeit gegen die Rechte an den entstandenen Fotos eintauscht. Das Model bekommt die Fotos als Honorar. Das ist vor allem bei kostenlosen Shootings üblich. TFCD steht für "Time for CD", also für die Aushändigung der erstellten Aufnahmen auf CD anstelle von ausgedruckten Fotos. Oft werden die Fotos auch per Download über das Internet dem Model exklusiv zur Verfügung gestellt. Damit später keine Streitigkeiten entstehen, muss ein Modelvertrag (Model Release) unterschrieben werden. Darin halten Fotograf und Model ihre jeweiligen Absichten schriftlich fest.
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Zucchiniblüten
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