Vom verklärten Verständnis der Fotografie

Jürgen Pagel

Vom verklärten Verständnis der Fotografie

Nach einer dringend erforderlichen Hüft-OP verfüge ich in der Zeit der Rekonvaleszenz über etwas mehr Zeit als gewöhnlich. So treibt es mich vor allem in Anfängerforen, S/W-Foren, Profi-Gruppen u.a. Bereiche der Fotografie.

Und da fällt mir immer wieder auf, dass es deutliche Unterschiede zwischen professioneller Fotografie, Hobbyfotografie, Knipsen und einem Hobby im Grundsätzlichen gibt.
Viele Postersteller scheinen – ohne ihnen nahe treten zu wollen - einen etwas verklärten Blick auf ihr Hobby und die Art und Weise ihrer Fotografie zu haben.

Eines möchte ich jedoch vorab betonen: Das ist ausschließlich meine persönliche Meinung und meine Sicht der Dinge. Jeder darf und kann seine eigene Sicht haben und diese auch gerne in den Kommentaren teilen.

Was ist eigentlich ein Hobby?
Wikipedia schreibt dazu: „Ein Hobby (Plural: Hobbys) ist eine Freizeitbeschäftigung, die der Ausübende freiwillig und regelmäßig zum eigenen Vergnügen oder der Entspannung betreibt. Es trägt zum eigenen Selbstbild bei und stellt einen Teil seiner Identität dar. Ein Hobby wird per Definition nicht professionell ausgeübt und grenzt sich damit gegen eine berufliche Beschäftigung ab, der Betreiber eines Hobbys ist grundsätzlich Laie, manchmal ein sehr fähiger Laie. 
Das Wort „Hobby“ ist vom englischen hobby horse abgeleitet, das mit „Steckenpferd“ in beiden Bedeutungen – Kinderspielzeug und Freizeitbeschäftigung – übersetzt wird. Das hölzerne Steckenpferd trägt seinen Reiter nirgendwohin, weil es in den Händen gehalten wird, entsprechend erwirtschaftet das Hobby kein Einkommen und ist kein Beruf.

Und was ist nun ein Fotograf (oder eine Fotografin)?
Ein Fotograf oder Photograph (auch veraltet Lichtbildner) ist eine Person, die Fotografien anfertigt. Fotografen gestalten statische oder bewegte Bilder für verschiedene Zwecke.
So einfach können Definitionen bisweilen sein.

Nun findet man im Internet sehr häufig Bilder/ Fotografien – ich würde mich aus dem Fenster lehnen wollen und behaupten, dass es mindestens 81% sind, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einem vollkommen anderem Hobbybereich entstammen als dem der Fotografie.

Beispiele gefällig?
Es fotografiert jemand während seines Spaziergangs durch den Wald Pilze, Moss und Bäume – also das, was man so üblicherweise im Wald findet. Vorwiegend mit 50mm Brennweite, teils mit offener, aber auch mit geschlossener Blende. Was ist das nun? Das Ergebnis des Hobbys Fotografie und das Ergebnis eines Waldspaziergangs, auf den man die Kamera mitgenommen hat.
Mit anderen Worten: Ich gehe bewusst am späten Nachmittag in den Wald, weil da das Licht in genau diesem Waldstück wirklich genial ist (ich habe zuvor schon alles genau erkundet). Ich überlege mit bereits im Vorfeld, mit welchem Objektiv, welcher Brennweite und welcher Blende ich sehr wahrscheinlich an das Motiv herangehen werden, um optimale Bildergebnisse zu erzielen. Anschließend – zu Hause angekommen – bearbeite ich meine „Beute“, gebe ihr den letzten Schliff und füge ein oder zwei der besten Bilder in mein Portfolio unter die Rubrik Landscape Photography ein. Das ist ein gelebte Hobbyfotografie. Hobby ist und bleibt es dann, wenn ich damit kein Geld verdiene und das bei der Ausübung auch nicht die Absicht war.

Was aber sehen wir – wie bereits zuvor beschrieben – im Internet, in Instagram, in Facebook oder ähnliche Foren und Online-Speicherplätzen?
Wir sehen jemanden, dessen Hobby das Spazierengehen ist und der keine Gelegenheit auslässt, aus dem Stand (auf Höhe der eigenen Augen), ungeachtet der Lichtsituation, ungeachtet der Flares oder chromatischer Aberrationen, mit meist schlechtsitzendem Fokus und im Ergebnis nicht begradigtem Bild bei der Veröffentlichung desselben dazu schreibt: „Extra nicht bearbeitet, weil ich es natürlich mag“ oder „Ich weiß, das ist nicht optimal, aber mir gefällt es“.
Und auf Tipps meist ungehalten reagieren: „Ich bin schließlich Anfänger“ oder „Das ist nur mein Hobby“.
Aha, als Anfänger muss man Tipps nicht annehmen, man möchte unter seinesgleichen bleiben und weil es ein Hobby ist, kann und darf man Sch…. fotografieren. Puhhh. Das ist anstrengend und ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Kapitel nach meiner vollständigen Genesung geschlossen werden wird.

Oder gerne ein anderes Beispiel. 
In mehreren Foren vertreten findet sich ein Mitglied, das offensichtlich gerne Portraits fotografiert. Nun liegt die Kunst, die Schönheit und das Gefallen an sich stets im Auge des Betrachters. Aber zufrieden kann der „Fotograf“ mit seinen Bildern (eigentlich) nicht sein. Grobe handwerkliche Fehler bestimmen nahe alle seiner Bilder. Meist zu dunkel (also falsch belichtet), schlechtsitzender Fokus, zu hohe Schärfentiefe, zu viel Hintergrund, Schnitt durch Gelenke und anderes mehr. Und tatsächlich sind die meisten seiner Bilder unbearbeitet. Darauf weist das Mitglied extra hin, weil das die Natürlichkeit des Modells betonen soll. Also ich als Modell wäre mit einer solchen Veröffentlichung in diesem Stil ausgesprochen unzufrieden.
Auf Kritik diesbezüglich angeschrieben, reagiert er meist ungehalten mit dem Hinweis „mir gefällt es“ und „ich finde diese Art der Fotografie gut“.

Der Definition zufolge handelt sich bei den vorgenannten Beispielen nicht um Fotografen, ja noch nicht einmal um Hobbyfotografen, sondern um Knipser, deren Hobby nicht die Fotografie ist, sondern eine besondere Form der unreflektierten Selbstdarstellung.

Fazit
Wenn irgendetwas die Fotografie zu Grabe trägt, dann solche Art der „Fotografie“. Knipsen von irgendetwas, konstruktive Kritik nicht annehmend, weder beseelt von dem Wunsch, besser zu werden noch mit dem Verständnis für Regeln ausgestattet, die gebrochen werden dürfen – aber nur, wenn man sie kennt. Allein der Hinweis „Regeln dürfen gebrochen werden“, ohne ein einziges Bild, das den Regeln annähernd entspricht, zeugt von dem Willen nach Likes und nicht von einer ernst zu nehmenden Art der Fotografie.
Schade. Denn das muss nicht sein und erfüllt in keiner Art und Weise den Anspruch, den ein Hobbyist, schon mal gar nicht ein professioneller Fotograf an seine eigenen Arbeiten haben sollte. Treten solche „Fotografen“ nun bei Hochzeiten auf, muss man sich nicht wundern, dass es ständig Diskussionen über Preise bei solcher Art von Veranstaltungen gibt, die den professionellen Fotografen, die erstklassige und sorgfältig bearbeitete Fotografien liefern, das Leben unnötig schwer machen.

©2024 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design

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Eleganter Mann am Telefon
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In der Welt der Fotografie wird oft das Vollformat als das Maß aller Dinge betrachtet. Doch APS-C-Sensoren haben sich längst einen festen Platz in der Branche gesichert und bieten zahlreiche Vorteile, die sie für viele Fotografen zur besseren Wahl machen. Ob Einsteiger, Reise-, Sport- oder Naturfotograf – APS-C-Kameras haben mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Hier sind die fünf wichtigsten Vorteile von APS-C-Sensoren gegenüber Vollformatsensoren.
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Es gibt sie noch, diie KI kann sie nicht ersetzen - schöner und anmutiger denn je. Die Models. Wer sich in der Portraitfotografie verbessern möchte, kommt am TFP - Time for Print - nicht vorbei. TFP steht für "Time for Prints". Das heißt, dass der Fotograf seine Arbeitszeit gegen die Rechte an den entstandenen Fotos eintauscht. Das Model bekommt die Fotos als Honorar. Das ist vor allem bei kostenlosen Shootings üblich. TFCD steht für "Time for CD", also für die Aushändigung der erstellten Aufnahmen auf CD anstelle von ausgedruckten Fotos. Oft werden die Fotos auch per Download über das Internet dem Model exklusiv zur Verfügung gestellt. Damit später keine Streitigkeiten entstehen, muss ein Modelvertrag (Model Release) unterschrieben werden. Darin halten Fotograf und Model ihre jeweiligen Absichten schriftlich fest.
von Jürgen Pagel 8. Februar 2025
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Liebesschlösser an einer Brücke, festgehalten von einem Fotografen
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Wie unterscheidet sich der Fotograf von einem Hobbyknipser? Das hast Du Dich sicher auch schon einmal gefragt. Nach der Novellierung der Handwerksordnung 2003 darf sich jeder als Fotograf bezeichnen und die Fotografie als selbständiges Gewerbe ausüben, ohne einen Meisterbrief benötigen zu müssen. Die Berufsbezeichnung Fotograf ist jedoch nach wie vor gesetzlich geschützt, was bedeutet, dass man sich nicht als Fotografenmeister bezeichnen darf, ohne eine entsprechende Qualifikation. Trotzdem ist es erlaubt, sich als Fotograf zu bezeichnen, auch wenn man keine formale Ausbildung in diesem Bereich absolviert hat. Aber was ist nun ein Fotograf? Ganz einfach. Ein Fotograf ist eine Person, die Fotografien anfertigt. Fotografen gestalten statische oder bewegte Bilder für verschiedene Zwecke. Sie sind Spezialisten für die visuelle Darstellung von Personen, Objekten und Ereignissen und erfassen Momente durch den gezielten Einsatz von Licht, Perspektive und Kreativität. Soweit Wikipedia.
Farbpalette mit Bezug auf vier Kundentypen
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In jedem Bereich, ob Marketing, Vertrieb oder Führung von Mitarbeitern, ist es essenziell, sein Gegenüber bestmöglich einzuschätzen. Ob beim Verkaufen von Produkten, Ideen, Visionen oder schlichtweg von sich selbst – die Persönlichkeit der verschiedenen Parteien spielt eine entscheidende Rolle. Mit dem richtigen Gesprächsansatz, der richtigen Catchphrase oder dem richtigen Gesprächsschwerpunkt kann man den Gesprächspartner womöglich entscheidend in eine bestimmte Richtung lenken. Um den richtigen Weg zu wählen, ist es hilfreich, Menschen verschiedenen Typen zuzuordnen. Dafür gibt es zahlreiche Typen-Modelle.
Smartphone als Playstation mit explodierender Grafik
von Jürgen Pagel 19. Januar 2025
Der Grund, warum ich dieses Thema zum wiederholten Male aufgreife, liegt an der bisweilen – sagen wir es vorsichtig – eigenartigen Argumentation von potenziellen Kundinnen und Kunden, die den Nutzen eines Einsatzes von großen, „richtigen“ Kameras bisweilen nicht nachvollziehen können. Daraus entstehen dann Irrtümer nicht nur hinsichtlich er zu erwartenden Ergebnissen, sondern leider auch in finanzieller Hinsicht. Es ist für viele Kundinnen und Kunden nicht nachvollziehbar, warum der Fotograf oder die Fotografin für ihren Einsatz 200 Euro und mehr pro Stunde in Anrechnung bringen, wo man das alles doch mit einem Smartphone deutlich schneller und einfacher erledigen könnte. Und genau hier entstehen die meisten Gedankenfehler.
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