Vollformat oder APS-C

Jürgen Pagel

Vollformat oder APS-C?

Unabhängig von Verkaufszahlen, der Tatsache, das sich Sigma aus dem MFT-Sektor zurückzieht, dem vielfach totgesagten APS-C und das Vollformat das neue "Volksformat" sein soll - was macht den Unterschied und sind diese Unterschiede wirklich so relevant, wie man uns vermitteln will?

Aus der Sicht des Praktikers
Ich bin Auftragsfotograf. Das heißt, ich erhalte von einem Kunden den Auftrag ein Business-Portrait durchzuführen. Oder ich bekomme Produkte, die es gilt, für einen Online-Katalog abzulichten. Oder ein Modehaus beauftragt mich, für ihren Instagram-Account, seine Ware abzulichten. So oder ähnlich ist es das tägliche Brot. Und es macht riesig Spaß. Mit Vollformat und mit APS-C. Es gibt dabei m.E. kein besser oder schlechter. Alles geht mehr oder weniger gut und meinen Kunden ist es vollkommen egal, mit welcher Kamera ich fotografiere. Hauptsache das Endergebnis passt, sieht gut aus und entspricht den Vorstellungen des Kunden. Denn bei der Auftragsfotografie geht es um's Verkaufen. Der Kunde will, dass die Kunden auf Grund der Bilder in den Laden kommen und im Idealfall mit oder ohne Beratung eines seiner Produkte kauft. Oder mehrere.
Da gibt es weder ein Richtig noch ein Falsch. Entweder es passt oder es passt nicht. Letzterer Fall ist schlecht und den gibt es "eigentlich" nicht. Mit was nämlich schlechte Aufnahmen entstanden sind, ist vollkommen egal.

Wie immer bei der Fotografie sind die Motivwahl, die verwendete Optik und das Gefühl für das richtige Bild entscheidend. Die Kamera selbst ist nur ein Werkzeug.
Ok, der Verwendungszweck ist auch noch wichtig. Großformatige Poster mit APS-C sind nicht unproblematisch. Aber bis DIN A3 und das ist die Mehrzahl meiner Aufträge, spielt selbst die Auflösung nur eine nur untergeordnete Rolle.

Schärfe bis in den letzten Winkel? Brauche ich nicht. Da "Nah ran" mein Lieblingsmotiv ist, spielt das letzte Quäntchen Schärfe in den Ecken keine Rolle. Zumal das eher auch ein Problem des Objektivs und weniger des Sensors ist. Fabelhaftes Bokeh? Ist bei "Nah ran" - also Close Up - auch überbewertet, da der Fokus auf dem eigentlichen Objekt liegt und ob das im Hintergrund nun ein klitzekleinwenig mehr oder weniger Lichtbällchen hat, ist letzten Endes nicht entscheidend für die Qualität des Bildes.
Bitte nicht falsch verstehen: der Kunde bekommt stets 100% Qualität und 100% Einsatz. Nichts anderes. Wir reden hier nicht über Pixelpeeping, über 400% Ansichten und über Testbilder, die mit eigens dafür simulierten Charts erstellt wurden. Sondern wir reden über die Praxis. Praxistests gibt es sowieso viel zu wenige. Würde man die mehr machen, bräuchte man auch keine Objektive für 2.000 Euro und mehr. Und auch keine Kameras für 10.000 Euro.

Jeder kann bitte unbedingt machen, was er will und mit Kameras fotografieren, wie er möchte. Und es gibt sie - die Fotografen, die eine Nikon Z9 BRAUCHEN. Aber die Mehrzahl - selbst die meisten Profis - braucht das nicht. Und bei den Profis ist das noch einmal anders als bei Hobbyisten. Letztere brauchen das schon mal gar nicht. Aber sie tun es halt, weil es ihnen Spaß macht, weil es ein Hobby ist, in das man gerne auch mal ein paar Euro investiert, ohne ständig zu hinterfragen, ob sich das lohnt und das Geld dafür auch wieder herein kommt.


Zum Thema - was ist der Unterschied und ist der wirklich so relevant?

Ich könnte jetzt ein Dutzend Beispielfotografien präsentieren, aber wahrscheinlich wären die Unterschiede zu gering, als das Sie diese merken würden. Deswegen bemühe ich das Programm DOF, welches auf Grund seiner vielfältigen Einstellunsgmöglichkeit den Unterschied deutlich macht.


Links sehen Sie das Porträt aus einer Entfernung von 160 cm. Fotografiert wurde mit einem 85mm-Objektiv und einer Blende von f/2.8. Rechts ist das Bild mit einer APS-C (Nikon DX) mit einer Entfernung von 245 cm (größerer Abstand wegen Crop-Faktor, um den gleichen Bildausschnitt zu erhalten), ebenfalls mit 85mm f/2.8.

Links ist der Hintergrund weiter weg, rechts wirkt er komprimiert und deutlich näher, obwohl der Abstand zum Model größer geworden ist. Das wiederum liegt am Crop-Faktor, denn das 85mm an der Vollformat, wirkt an einer APS-C-Kamera wie ein Objektiv mit einer Brennweite von ca. 125mm - die Telewirkung ist also deutlich verstärkt, was den Hintergrund komprimiert erscheinen lässt.

Gleicht man nun alle Werte auf Grund des Crop-Faktors an - also 56mm statt 85mm, f/1.8 statt f/2.8 - ergibt sich ein nahezu identisches Bild gegenüber den Vollformat (oben linkes Bild).

Richtig, die Schärfentiefe ist wird deutlich geringer und die hyperfokale Distanz verschiebt sich. Dem muss man zwangsläufig Rechnung tragen, aber das Bokeh bleibt in beiden Fällen nahezu identisch. Die Bildwirkung ist also die gleiche.


Das lässt sich beliebig auch auf Landschaftsaufnahmen übertragen. Eine Verkleinerung des Abstandes zum Motiv bringt stets eine Verringerung der Tiefenschärfe mit sich. Da sich bei Landschaftsaufnahmen der Crop-Faktor jedoch nicht ohne weiteres mit einer Veränderung der Distanz zum Motiv angleichen lässt, muss das mit der Blende kompensiert werden.


Noch einmal: mir geht es nicht um besser oder schlechter, auch nicht darüber, welche Vorlieben der eine oder andere Fotograf hat. Und ja, die meisten Profis fotografieren mit Vollformat. Und wir reden auch nicht über die Auflösung, sondern ausschließlich über die Sensorgröße. Ja, es fällt bei Vollformat mehr Licht auf den Sensor. Und so vereint dieser noch ein paar andere Vorteile auf sich.
Aber .... wer nicht in dunkler Nacht fotografiert, wer ein wenig Sensorrauschen mittels Topaz AI hervorragend eliminieren kann, wer gutes Licht hat oder sich mit Lichtsetzung - im Idealfall mittels Blitz oder LED-Beleuchtung - gut auskennt, für den stellt eine APS-C-Kamera kein Hindernis dar. Die Kamera ist meist deutlich günstiger (Fujifilm X-H2 für ca. 2.200 Euro - eine wirklich herausragende Kamera mit 40 MP Auflösung, was auch nicht immer nur Vorteile hat), hat eine größere Objektivauswahl, ist bisweilen leichter (das trifft je nach Modell nicht immer zu) und die Objektive sind in aller Regel auch günstiger. Dabei sind eine Fujifilm X-T5, eine X-H2 sowie eine X-H2S momentan so ziemlich das Beste, was der APS-C-Markt zu bieten hat. Alle drei Kameras liegen preislich nah zusammen. Dagegen schlägt eine Nikon Z8 mit 4.500 Euro zu Buche und Canon wie Sony sind bekanntermaßen keine Schnäppchen, zumal sich Sony sowohl beim Service und bei Formware-Updates rar macht und auf Kundenwünsche eher selten reagiert und Canon immer noch mit seiner Freigabe für Objektiv-Dritthersteller hadert.


Auf den Zweck kommt es an. Und den gilt es im Vorfeld genau zu definieren. Wer als Hobbyist für alle Zwecke gerüstet sein will, ist mit einer Nikon Z6II bestens bedient. Wer als Profi Produktaufnahmen und Portraits in seinem Portfolio vereint, kommt mit der Nikon Z6II ebenso zurecht, wie mit einer Fujifilm X-T5 oder einer Fujifilm X-H2 und muss auch Hochzeiten mit diesen Modellen nicht zurückschrecken. Die Unterschiede sind mittlerweile marginal und lassen sich eher an der Leistungsfähigkeit des Autofokus-Systems (hier haben Sony und Canon immer noch die Nase vorn wobei die Leistung bei Fujifilm und Nikon keineswegs schlecht ist) oder an der Serienbildgeschwindigkeit und den Video-Features festmachen.
Wer weiß, was er will, tut sich bei der Auswahl deutlich leichter. Wer das nicht weiß, hat die Qual der Wahl. Die aber sicher nicht in Bezug auf Vollformat oder APS-C - das ist in meinen Augen das geringste Problem.


©2023 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design

Neunzehn58 Photographie

Eleganter Mann am Telefon
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Als Fotograf und Dienstleister sehen Sie sich nahezu täglich im Umgang mit Ihren Kunden Diskussionen gegenüber, die Ihnen nicht nur das Leben und Ihre Arbeit schwer machen, sondern die leider allzu oft auch ein hohes Konfliktpotential haben. Konflikte gehören im Beruf wie auch im Privatleben zum Alltag. Dabei sind diese nicht grundsätzlich schlecht. Damit sie nicht eskalieren, braucht es Konfliktmanagement. Ziel des Konfliktmanagements ist nicht, den Streit zu gewinnen, sondern gegenseitiges Verständnis zu wecken und für beide Seiten sinnvolle Kompromisse einzugehen.
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Wenn Mitarbeiter fotografiert werden sollen, taucht immer wieder ein Problem auf: Sie sind selten alle gleichzeitig vor Ort. Gerade in Handwerksunternehmen mit 20 MitarbeiterInnen und mehr stellt es den Fotografen vor die Herausforderung, möglichst identische Lichtsituationen zu schaffen. Wir haben praktisch nie an drei verschiedenen Tagen exakt die gleichen Lichtverhältnisse. Auch Lightroom bzw. Photoshop sind keine Hilfe, da es nicht am Hintergrund, sondern an der Ausleuchtung des Gesichts bzw. des Körpers liegt. Das kann nur gelingen, wenn die Umgebung (Reflexion) identisch ist und natürliche Lichtquellen so weit wie möglich ausgeschlossen werden. Ich persönlich setze dabei auf Blitzlicht, ggf. als diagonales Zangenlicht, um eine gleichmäßige Ausleuchtung ohne Fremdeinflüsse zu garantieren.
Fujifilm Kamera
von Jürgen Pagel 9. Februar 2025
In der Welt der Fotografie wird oft das Vollformat als das Maß aller Dinge betrachtet. Doch APS-C-Sensoren haben sich längst einen festen Platz in der Branche gesichert und bieten zahlreiche Vorteile, die sie für viele Fotografen zur besseren Wahl machen. Ob Einsteiger, Reise-, Sport- oder Naturfotograf – APS-C-Kameras haben mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Hier sind die fünf wichtigsten Vorteile von APS-C-Sensoren gegenüber Vollformatsensoren.
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Es gibt sie noch, diie KI kann sie nicht ersetzen - schöner und anmutiger denn je. Die Models. Wer sich in der Portraitfotografie verbessern möchte, kommt am TFP - Time for Print - nicht vorbei. TFP steht für "Time for Prints". Das heißt, dass der Fotograf seine Arbeitszeit gegen die Rechte an den entstandenen Fotos eintauscht. Das Model bekommt die Fotos als Honorar. Das ist vor allem bei kostenlosen Shootings üblich. TFCD steht für "Time for CD", also für die Aushändigung der erstellten Aufnahmen auf CD anstelle von ausgedruckten Fotos. Oft werden die Fotos auch per Download über das Internet dem Model exklusiv zur Verfügung gestellt. Damit später keine Streitigkeiten entstehen, muss ein Modelvertrag (Model Release) unterschrieben werden. Darin halten Fotograf und Model ihre jeweiligen Absichten schriftlich fest.
von Jürgen Pagel 8. Februar 2025
Seit Erfindung des Unternehmertums im 18. Jahrhundert dauert die Diskussion darüber an, ob das sich fokussieren auf ein oder wenige Produkte oder eine breite Aufstellung mit einem umfassenden Angebot die bessere Wahl ist. Wie meistens ist diese Frage nicht so einfach zu beantworten. Wenn es einfach wäre, gäbe es ausschließlich erfolgreiche Unternehmer und Unternehmerinnen, die alles richtig gemacht hätten. Dem ist aber nicht so. Radio Eriwan würde in diesem Fall darauf antworten: „Im Prinzip ist beides richtig. Es kommt drauf an …“. Und genau so ist es. Welche Entscheidung die Richtige ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Von welchen erfährst du in dem Blogbeitrag!
Zucchiniblüten
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"Ich habe Angst, im Kundengespräch meinen Preis zu nennen, wenn das Gespräch darauf kommt." "Was ist, wenn ein Kunde den Preis ablehnt?“ "Mir ist das Geld gar nicht so wichtig. Ich möchte vor allem den Auftrag bekommen". So oder ähnlich lauten die Argumente im Mentoring. Das Nennen des Wertes einer Dienstleistung ist für viele Auftragnehmer ein echter Angstgegner. Das war es auch für mich viele Jahre. Dabei ist die Kommunikation von Preisen ein entscheidender Aspekt im Marketing und Vertrieb. Nur wer den Preis richtig kommuniziert, kann Kunden gewinnen und den Wert der Dienstleistung oder seines Produkts betonen. Oft ist diese Angst sogar begründet, weil der Preis nicht korrekt ermittelt, nicht kalkuliert wurde, sondern sich ausschließlich an dem der Konkurrenz orientiert. Gerade bei höherpreisigen Angeboten steht dann der Anbieter nicht hinter seinem Preis und wirkt bei Nachfragen des Kunden sofort verunsichert.
Liebesschlösser an einer Brücke, festgehalten von einem Fotografen
von Jürgen Pagel 6. Februar 2025
Wie unterscheidet sich der Fotograf von einem Hobbyknipser? Das hast Du Dich sicher auch schon einmal gefragt. Nach der Novellierung der Handwerksordnung 2003 darf sich jeder als Fotograf bezeichnen und die Fotografie als selbständiges Gewerbe ausüben, ohne einen Meisterbrief benötigen zu müssen. Die Berufsbezeichnung Fotograf ist jedoch nach wie vor gesetzlich geschützt, was bedeutet, dass man sich nicht als Fotografenmeister bezeichnen darf, ohne eine entsprechende Qualifikation. Trotzdem ist es erlaubt, sich als Fotograf zu bezeichnen, auch wenn man keine formale Ausbildung in diesem Bereich absolviert hat. Aber was ist nun ein Fotograf? Ganz einfach. Ein Fotograf ist eine Person, die Fotografien anfertigt. Fotografen gestalten statische oder bewegte Bilder für verschiedene Zwecke. Sie sind Spezialisten für die visuelle Darstellung von Personen, Objekten und Ereignissen und erfassen Momente durch den gezielten Einsatz von Licht, Perspektive und Kreativität. Soweit Wikipedia.
Farbpalette mit Bezug auf vier Kundentypen
von Jürgen Pagel 5. Februar 2025
In jedem Bereich, ob Marketing, Vertrieb oder Führung von Mitarbeitern, ist es essenziell, sein Gegenüber bestmöglich einzuschätzen. Ob beim Verkaufen von Produkten, Ideen, Visionen oder schlichtweg von sich selbst – die Persönlichkeit der verschiedenen Parteien spielt eine entscheidende Rolle. Mit dem richtigen Gesprächsansatz, der richtigen Catchphrase oder dem richtigen Gesprächsschwerpunkt kann man den Gesprächspartner womöglich entscheidend in eine bestimmte Richtung lenken. Um den richtigen Weg zu wählen, ist es hilfreich, Menschen verschiedenen Typen zuzuordnen. Dafür gibt es zahlreiche Typen-Modelle.
Smartphone als Playstation mit explodierender Grafik
von Jürgen Pagel 19. Januar 2025
Der Grund, warum ich dieses Thema zum wiederholten Male aufgreife, liegt an der bisweilen – sagen wir es vorsichtig – eigenartigen Argumentation von potenziellen Kundinnen und Kunden, die den Nutzen eines Einsatzes von großen, „richtigen“ Kameras bisweilen nicht nachvollziehen können. Daraus entstehen dann Irrtümer nicht nur hinsichtlich er zu erwartenden Ergebnissen, sondern leider auch in finanzieller Hinsicht. Es ist für viele Kundinnen und Kunden nicht nachvollziehbar, warum der Fotograf oder die Fotografin für ihren Einsatz 200 Euro und mehr pro Stunde in Anrechnung bringen, wo man das alles doch mit einem Smartphone deutlich schneller und einfacher erledigen könnte. Und genau hier entstehen die meisten Gedankenfehler.
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