Interview

Jürgen Pagel

Interview mit J. Pagel, Inhaber von Lichtwerk.Design

Vor einigen Wochen ergab sich während einer Ausstellung die Gelegenheit eines Interviews mit J. Pagel, dem Inhaber von Lichtwerk.Design.
Einen Auszug daraus lesen Sie hier.
  • Seit wann bist Du als Fotograf tätig und wie kam es dazu?

    Der Fotografie war ich schon in jungen Jahren manchmal mehr, manchmal weniger verfallen. Mein Opa war tatsächlich ein in Solingen sehr bekannter Künstler und hat in seinem Hauptberuf die legendären Oberleitungsbusse der Stadtwerke eigenhändig mit Werbung versehen. Seinerzeit wurde diese Werbeschriftzüge und Bilder tatsächlich noch von Hand aufgemalt. Somit liegt mir die künstlerische Ader wahrscheinlich im Blut.

    Über die Jahre hat sich einiges an Bildmaterial angesammelt und der analogen Fotografie folgte die erste DSLR. Schon immer der Technik gegenüber offen, folgten schnell spiegellose digitale Systemkameras. Mittlerweile fotografiere ich nahezu ausschließlich mit Nikon und Fujifilm.

    2020 - in der Anfangsphase der Pandemie - beschloss ich dann, mein Hobby zum Beruf zu machen und diese pandemische Phase als Vorbereitung für die Zeit danach zu nutzen.

  • Welchen Anspruch hast Du an Deine Fotografie?

    Ich fotografiere weder für Instagram noch für Facebook oder andere soziale Medien - zumindest nicht aus persönlichem Interesse. Im Rahmen der Auftragsfotografie spielen die sozialen Medien eine nicht unerhebliche Rolle. Aber die Erfahrung bisher zeigt, dass da sehr viel mehr gehypt wird, als sich in der Realität widerspiegelt.

    Da ich überwiegend Auftragsfotografie betreibe, orientiere ich mich weniger an meinem eigenen Anspruch, sondern vielmehr an dem Anspruch den Kunden:innen an mich als Persönlichkeit und als Fotograf haben. Im privaten Segment habe ich durchaus meinen Stil gefunden, der tendenziell als Dark & Moody bezeichnet werden darf. Kanllige Farben sind nicht mehr so meins. 

    Das heißt aber nicht, dass ich Kundenwünsche nach eben solchen Kanlleffekten nicht umzusetzen vermag.

    Gerade das finde ich sehr spannend. Es ist in meinen Augen kein Widerspruch, Aufträge nach Kundenvorgaben zu erfüllen und im privaten Bereich einer anderen Art der Fotografie zu frönen.

    So lassen sich beide Welten verbinden und der Anspruch auf Perfektion, ein ständiges Lernen und weiterbilden, bleibt vollumfänglich erhalten.

  • Was reizt Dich an der Auftragsfotografie besonders?

    Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass die Auftragsfotografie sehr viel anspruchsvoller ist, als für das heimische Album zu fotografieren. W#hrend man dort seine Kreativität voll und ganz ausleben kann - zum Gefallen der Betrachter, steht bei der Erfüllung eines Kundenwunsches, dessen bzw. deren Vorstellung im Vordergrund. Nicht, das dabei die eigene Kreativität zu kurz kommen würde, aber es gibt Grenzen, weil eben meine Vorstellung nicht immer zu der eines Auftraggebers passt. Da muss ich bisweilen Kompromisse eingehen, ohne meinen eigenen Bildstil vollständig zu vernachlässigen. Und genau das macht die Auftragsfotografie so enorm reizvoll. Aber sie ist sicher nichts für Leute, die ihren Kopf durchsetzen wollen und einfach ihr Ding machen.

  • Was hat Dich an der Fotografie als Beruf gereizt und was hast Du vorher gemacht?

    Meine erste Ausbildung fand im Elektrohandwerk statt. Darin habe ich sogar den Meister gemacht. Es folgten 8 Jahre bei der Bundeswehr - bis 1986. Auf Grund eines eigenen orthopädischen Problems kam ich in Kontakt mit einem Krankengymnasten. Ich fand den Beruf damals ausgesprochen interessant und habe dann eine Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht - nachdem ich zuvor eine Ausbildung zum Intensivkrankenpfleger durchlaufen habe. 2007 kam dann eigentlich nach einem Burnout der Bruch mit dem Beruf. Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits seit 15 Jahren selbstständig und der tägliche enorme Stress bei extrem schlechter Vergütung war mir einfach zu viel. Ich habe mich dann aus meiner Praxis herausgelöst und ein Pilates-Studio in Ludwigsburg eröffnet. Das lief auch bis 2013 sehr gut, bis mir mein damaliger Vermieter einen Strich durch meine Zukunftsplanung machte. Ich begann mich damals bereits, intensiver mit der Fotografie auseinanderzusetzen und so war es dann 2020 nur noch ein relativ kleiner Schritt. Ich arbeite jedoch immer noch im zweiten Hauptberuf als Berater im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagement in einem deutschen Großunternehmen.

  • Wie siehst Du die Zukunft der Fotografie?

    Die Fotografie gibt es nun schon seit so vielen Jahren und auch die KI wird der Fotografie den den Garaus machen - ebensowenig wie es Kriege geschafft haben oder ebensowenig wie es die Erfindung der digitalen Fotografie geschafft hat. Ich werde dieses Jahr (2023) 65 Jahre alt und ich bin der festen Überzeugung, dass ich den Untergang der Fotografie nicht erleben werde.

    Wir müssen vor allem die Chancen sehen, die sich durch veränderte Aufnahmetechniken und eine andere Bildbearbeitung ergeben. Und diese Chancen vor allem nutzen. Sich der Vergangenheit hinzugeben und dieser nachzutrauern, hat uns noch niemals weitergebracht.

  • Wie siehst Du den aktuellen Trend im Bereich Social Media?

    Zweifelsfrei gibt es Kundinnen und Kunden, die auf einen Auftritt in Social Media wert legen und für die das enorm wichtig ist. Die Nutzungszeiten steigen und steigen. Allerdings verkürzt sich auch die Zeit, in der Bilder oder Texte angeschaut bzw. gelesen werden. Das "Futter" wird so schnell als möglich konsumiert. Das stellt große Ansprüche an die Botschaften, die an die User verteilt werden. Für den klassichen Fotografen ist Social Media zur Publikation seiner aufwendig erdachten und ausgeführen Bildkompositionen im Grunde der falsche Weg. Kaum jemand versteht die Botschaft, die damit vermittelt werden soll. Schneller,  unter Zeitdruck ausgeübter Konsum erlaubt keine Interpretation. Und dem Betrachter ist es vollkommen egal, ob das Bild mit einem Handy oder einer 7.000 Euro teuren Kamera gemacht wurde. Das Ergebnis zählt. Somit bleibt für den geneigten Fotografen eigentlich nur noch der weg über Ausstellungen in die Öffentlichkeit. Und derer Möglichkeiten gibt es viele. 

    In Bars, in Cafés, in Rahmen von Kunstausstellung (all das ist ja mittlerweile wieder möglich), In Kunstgallerien, in Einkaufszentren und bei vielen anderen Gelegenheiten. Alles ist allemal besser, als sein Potential auf Social Media zu verschwenden.

Vielen Dank für das Interview.


©2023 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design

Neunzehn58 Photographie

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Du kennst das sicher. Jeder Fotograf und jede Fotografin kennt das - ein Tag der Lustlosigkeit. Am Wochenende Zahnschmerzen gehabt, das Knie schmerzt und der Rücken zwickt. Kein Bock zum Fotografieren. Eigentlich nicht weiter schlimm. Aber sich dem Hinzugeben ist mir zuwider. Also den Hund und die Kamera geschnappt und das 100mm f/1.5 von TTArtisan aufgeschraubt (M42 auf Adapter für den X-Mount) - also auf die Kamera, nicht auf den Hund. Das Wetter nicht so toll. Kalt, feucht und diesig, erst gegen Mittag kam die Sonne hervor.
Junge Frau mit einer Kompaktkamera in der Hand.
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Wir Fotografen wissen es schon längst: "Nicht die Kamera macht das Bild, sondern der Fotograf". Dieser mittlerweile "phrasenhafte" Satz, für den 5 Euro in's sogenannte Phrasenschwein geworfen werden müssen, ist einerseits richtig, andererseits jedoch erläuterungsbedürftig. Fotografieren hat enorm viel mit Sehen zu tun. Sehen lernen und sehen können ist der Schlüssel für spannende, emotionale, dokumentarische, erlebnisbehaftete und technisch gute Fotografien (gleiches gilt übrigens auch für die Videografie). Und zusätzlich zu der gehörigen Portion des Sehens kommt noch eine ordentliche Prise Licht dazu. Dieser Mix ist es, der neben der Bildbearbeitung, die eigentliche Fotografie ausmacht.
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Ein gutes Bild fängt Aufmerksamkeit und sticht aus der Masse hervor. Ein gutes Bild vermittelt einen Inhalt, der die Aufmerksamkeit hält. Ein gutes Bild löst Emotionen aus, hat eine ästhetische Qualität und entspricht weitestgehend grafischen Gestaltungsregeln. Ein gutes Foto muss nicht jedem gefallen. Es hat für diejenige Person, die es angefertigt hat, i.d.R. einen besonderen Wert. Allein dadurch wird es bereits zu einem „guten“ Foto. Ganz offensichtlich ist dies bei Urlaubsfotografien und Familienfotos so. Außenstehende sind bei der Betrachtung von Familienfotos oftmals genervt, während die „Fotografen“ selbst regelmäßig in Begeisterung fallen. Das Interesse ist – wie bei allen anderen Bildern auch – ausgesprochen subjektiv. Was dem einen gefällt, muss einem anderen überhaupt nicht gefallen. Das Interesse an den Motiven ist folglich subjektiv.
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