Denkfehler in der Fotografie - Folge 1

Jürgen Pagel

Denkfehler in der Fotografie - Folge 1 "Das Bokeh"

„Eine Vollformatkamera macht das bessere Bokeh“.

Was ist überhaupt ein Bokeh? Das Bokeh (von japanisch 暈け, auch ぼけ oder ボケ geschrieben, boke „unscharf, verschwommen“) ist ein in der Fotografie verwendeter Begriff für die Qualität eines Unschärfebereichs. Unscharfe Gebiete eines Fotos (oder Films) werden von einem Objektiv durch Projektion auf eine Abbildungsebene (heute typischerweise einen Lichtsensor) erzeugt. Sie sind „Erfindungen“ des Objektivs; das Auge sieht die Unschärfen nicht oder anders. Bokeh versucht, die meist subjektive ästhetische Qualität dieser objektivabhängigen Unschärfen zu kennzeichnen; dabei geht es nicht um die Stärke der Unschärfe, sondern darum, wie die Unschärfebereiche aussehen, etwa wie Ringe oder Kreise.

Bei der Fotografie bestimmter Motive wird der Hintergrund gerne bewusst unscharf gehalten, um die Ablenkung des Betrachters vom Hauptmotiv zu mindern und um eine plastische Wirkung der Aufnahme zu bewirken. Je nach benutztem Objektiv bilden sich hierbei in den Bereichen, die außerhalb des Schärfepunkts liegen, helle Lichtphänomene, die die Form von Ringen, Kreisen, Ellipsen usw. aufweisen.
Das Bokeh kann zwischen unscharfem Vordergrund und unscharfem Hintergrund deutlich verschieden ausfallen. Häufig geht eine angenehme Wiedergabe des Hintergrunds mit einer unschönen des Vordergrunds einher und umgekehrt.
Bokeh ist eine ausgesprochen subjektive Qualität, die schwer zu messen ist und kontrovers diskutiert wird. Viele Fotografen greifen mit einiger Erfahrung subjektiv zu Objektiven mit gutem Bokeh, ohne sich darüber klar zu werden, warum genau sie einem bestimmten Objektiv gegenüber einem von den fotografischen Eckwerten her ansonsten gleichwertigen Objektiv den Vorzug geben, „es macht einfach die schöneren Bilder“. Außerhalb von Fachkreisen ist die Diskussion über gutes oder schlechtes Bokeh erst seit Mitte der 1990er Jahre entbrannt und noch lange nicht abgeschlossen – wie man an vielen Mythen, die sich um das Bokeh ranken, erkennen mag.

Wir halten fest: das Bokeh wird vom Objektiv „erzeugt“ – nicht vom Sensor!

Von Thomas Steiner - created with the help of Inkscape; inspiration by Sigrist/Stolt: "Die große Objektiv-Fotoschule", CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=62494


Das Bild zeigt die Einflüsse der Objektivkonstruktion auf das Bokeh. Die Eigenschaften des Bokeh werden maßgeblich durch das Aussehen des Zerstreuungskreises bestimmt. In unscharfen Bereichen wird jeder Punkt des Lichtes scheibenförmig und nimmt die Form der Blende bzw. der Eintrittspupille des Objektivs an. Bei einigen Objektiven wird diese „Scheibe“ gleichmäßig erleuchtet, bei anderen ist sie in der Nähe des Bildrandes oder im Bildzentrum heller, wobei ringförmige Helligkeitsverläufe eher unruhig wirken.

Die Eigenschaften, die ein Objektiv dazu veranlassen, ein angenehmes Bokeh zu produzieren, konnten bisher nicht eindeutig festgelegt werden.

Die Anzahl oder Form der Blendenlamellen zum Beispiel ist für sich allein ein sehr unsicheres Indiz für ein als natürlich empfundenes, nebliges statt harsches Bokeh, obwohl ein kreisrundes Blendenbild (ohne Zacken) in der Regel als weniger auffällig gilt. Viele Hersteller statten die Irisblenden der Objektive mit mindestens sieben, oft auch neun oder zehn Lamellen aus und geben diesen eine spezielle Kontur, so dass die Pupille bei allen Blendeneinstellungen der Kreisform möglichst nahekommt. Klassische Linsen der 1960er oder 1950er Jahre (z. B. Meyer-Optik Trioplan, Zeiss, ISCO, Pieker Berlin) erfahren aufgrund ihrer speziellen Bokehs und der bis zu 19 Blendenlamellen besondere Wertschätzung, teils werden sie auch wieder produziert.

Wie kann das am besten veranschaulicht werden?

Dazu verwenden wir einen DOF-Simulator (Depth of Field), wie er unter https://dofsimulator.net/en/ zu finden ist.


Bild 1 zeigt die Ansicht einer Vollformat-Kamera bzw. bei Verwendung einer Brennweite von 50mm und einer Blende von f/1.8. Beachten Sie den Hintergrund (das Bokeh).


Hinter dem Objekt (der Dame im Full Shot) beträgt der Schärfebereich noch 12,0 cm.


Bild 2 zeigt den gleichen Full Shot, aufgenommen mit einem APS-C-Sensor. Nun müssen Sie, um das Vollformat-Äquivalent zu errechnen, alle Werte mit dem Dividenden 1,6 (hier Fujifilm-typisch) dividieren. Somit werden aus 50 mm Brennweite 33 mm und aus einer Blende von 1.8 werden 1.2. Der Abstand zum Model und die Perspektive bleiben dabei unverändert.



Der Schärfebereich hinter dem Model beträgt – bis auf vernachlässigbare 2 mm – exakt den gleichen Betrag, wie bei Bild 1.


Sie sehen also, entscheidend ist nicht der Sensor, sondern tatsächlich das verwendete Objektiv. So, wie Sie bei der Umrechnung von APS-C auf Vollformat sowohl die Brennweite als auch die Blendenzahl mit dem Faktor 1,6 (bei Canon beträgt dieser Faktor 1,52) multiplizieren müssen, dividieren Sie bei der Umrechnung von Vollformat auf APS-C die Ausgangswerte durch 1.6 (bzw. 1.52) oder durch einen für Ihre Kamera gültigen Umrechnungswert.


Deswegen spricht man auch von einem Crop-Faktor, denn das nachträgliche Beschneiden eines Bildes wirkt sich nicht auf das Bokeh aus, wenn Brennweite und Blende gem. diesem Faktor angeglichen werden. In den vorgenannten Beispielen erfolgt die Anpassung durch diesen Crop-Faktor, was keinen Einfluss auf das Bokeh hat. Das Bokeh verändert sich mit der Brennweite in Abhängigkeit von der Blende. Deswegen spielt es auch physikalisch keine Rolle, ob Sie ein sogenanntes Zoom-Objektiv oder eine Festbrennweite verwenden. Eine größere Brennweite erzeugt mit einer Blende 2.8 ein sehr viel weicheres Bokeh, als eine kleine Brennweite mit Blende 2.8 (auf Kosten der Komprimierung des Hintergrundes). Das Zoom-Objektiv erspart es Ihnen, den Abstand zum Motiv verändern zu müssen. Die Brennweite verändert nicht nur die Nähe zum Motiv, sondern eben auch das Bokeh.


Fazit
Alles nicht schlimm. Leben kann man mit allen Gegebenheiten und keiner der vorbeschriebenen Umstände kostet Sie ein Solches. Das bedeutet jedoch auch, dass Sie bei dem Kauf eines Objektivs für Ihre APS-C-Kamera ein bisschen tiefer in die Tasche greifen müssen, denn um das Bokeh eines Vollformat-Objektivs mit der Lichtstärke 2.8 erreichen zu können, benötigen Sie eine vergleichbare Lichtstärke von 1.7 oder größer. Und je lichtstärker ein Objektiv ist, desto mehr (gleiche Vergütung vorausgesetzt) kostet es auch. Und wenn Sie dann noch großen Wert auf möglichst runde Bokeh-Bällchen ohne Abflachung zu den Rändern hin legen, sind mehr Blendenlamellen tatsächlich besser. Besser heißt aber auch noch teurer. Aber das sind Erfahrungen, die MUSS man als (Hobby-) Fotograf tatsächlich machen. Wer also billig kauft, muss sich darüber im Klaren sein, dass billig zumeist schlechte Vergütung, wenig Glas und wenig Lamellen bedeuten. Und diese drei Faktoren wirken sich nun einmal auf das Bokeh aus.

Nicht umsonst heißt es: "Investiere" weniger Geld in die Kamera, dafür umso mehr in gute Objektive".


©2022 Jürgen Pagel

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Du kennst das sicher. Jeder Fotograf und jede Fotografin kennt das - ein Tag der Lustlosigkeit. Am Wochenende Zahnschmerzen gehabt, das Knie schmerzt und der Rücken zwickt. Kein Bock zum Fotografieren. Eigentlich nicht weiter schlimm. Aber sich dem Hinzugeben ist mir zuwider. Also den Hund und die Kamera geschnappt und das 100mm f/1.5 von TTArtisan aufgeschraubt (M42 auf Adapter für den X-Mount) - also auf die Kamera, nicht auf den Hund. Das Wetter nicht so toll. Kalt, feucht und diesig, erst gegen Mittag kam die Sonne hervor.
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