Übung macht den Meister
Wir lernen, in dem wir Wissen vermittelt bekommen und mit diesem Wissen in die Praxis gehen, Erfahrungen sammeln. Dazu bedarf es einer hohen Anzahl an Repetitionen. Das gelingt mit einer Filmkamera nur nach vielen Jahren des regelmäßigen Fotografierens. 20.000 analoge Bilder „verschießt“ Du nicht mal einfach in einem Jahr. Auch als Profi nicht. Zum einen wegen der Kosten, zum anderen wegen dem Faktor Zeit. Denn Fotografie braucht Zeit. Für den schnellen Schnappschuss nebenbei reicht das Handy. Aber eine Bildkomposition zu erstellen und ein wirklich gelungenes Bild einzufangen, braucht nun mal etwas Zeit.
Da ist es doch großartig, dass wir mit der modernen Systemkameras ein Werkzeug in der Hand halten, mit dem wir ausprobieren, experimentieren können. Wenn’s nichts wird, dann eben noch mal und noch mal. So oft wir wollen bzw. so viel Platz auf der Speicherkarte ist.
Der Profi wird hierbei nicht anders vorgehen. Denn ein misslungenes Portraitshooting lässt sich ggf. wiederholen. Aber das ist ein immenser Aufwand. Deswegen macht gerade der Profi lieber ein paar Bilder mehr von der Familienfeier oder der Hochzeit, damit er auf jeden Fall etwas „im Kasten“ hat – denn er muss liefern. Der Kunde zahlt schließlich auch für das Ergebnis viel Geld. Der Hobbyist kann hier etwas entspannter bleiben.
Aber auch er lernt von der ständigen Wiederholung und entwickelt so seinen eigenen Stil.
Die Aussage, dass die analoge Fotografie zu einem bewussteren Fotografieren führt, weil man weniger Bilder macht, ist also schlicht falsch.
Die Suche nach dem Motiv
Was soll mich als digitaler Fotograf daran hindern, mich bewusst auf die Suche nach Motiven zu begeben? Meine Systemkamera? Wohl kaum. Warum sollte ich mit einem Film im Apparat bewusster mit meinem Motiv umgehen als mit einer Systemkamera? Mir will kein Grund dafür einfallen.
Die analoge Fotografie macht mich keineswegs bewusster. Ich muss viel mehr Zeit für die Einstellungen der Kamera aufbringen und kann mich eben nicht auf meinen Autofokus aus den siebziger Jahren verlassen. Ich muss u.U. ausschließlich manuell fokussieren, was bei sich nicht bewegenden Motiven keine Probleme bereitet. Aber bei durch das Bild laufenden Menschen oder Fahrzeugen sehr wohl. Ich fotografiere in der Landschaft oder bei der Betrachtung von Architektur sehr gerne manuell – ich finde das viel besser, als den Autofokuspunkt verschieben zu müssen. Aber in der Mehrzahl des Fotografierens kommt mir die Technik heutiger Systemkameras sehr entgegen. Vieles ist deutlich einfacher geworden und warum sollte ich auf Technik verzichten, wenn sie mir mehr Nutzen bringt?
Warum trotzdem analog Fotografieren?
Für Anfänger bzw. Einsteiger ist die analoge Fotografie m.E. nicht geeignet.
Der Einsteiger hat keine Lust, sich mit dem Belichtungsdreieck auseinander zu setzen und Filmrolle um Filmrolle für teures Geld zu kaufen, bis sich erste Erfolgserlebnisse einstellen.
Thomas A. Edison sagte einmal so schön:
„Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10000 Wege gefunden, die nicht funktionieren.“ Ausprobieren, Fehler erkennen, nochmal ausprobieren und es dann (hoffentlich) besser machen – so geht lernen. Wenn das jedoch in tausende Euro pro Jahr mündet, sind diese weitaus besser in Objektive investiert als in Zelluloid. Wer jedoch das Prinzip der Fotografie verstanden hat, für den ist es eine absolute Bereicherung, sich mit der Technik alter Kameras zu befassen und er wird schnell das Verständnis für die Funktionsweise und die Regeln über Licht, ISO und Blende festigen lernen.
Fazit
Analoge Fotografie macht Dich nicht zu einem besseren Fotografen, auch wenn das noch so viele YouTuber behaupten. Sie erweitert auch nicht Dein Portfolio als Fotograf, denn kaum ein Kunde wird heutzutage Wert auf Fotos in altem Look legen, zumal sich das mittels Bildbearbeitung durchaus effektvoll nachahmen lässt, sollte es gewünscht sein oder sollte es Dir selbst gefallen.
Wer dem durchaus vorhandenem Charme alter, analoger Kameras unterliegt, wird viel Freude daran haben, sofern er über die notwendige Zeit dazu verfügt. Wenn nicht, wäre es eine Überlegung wert, sich die Zeit dafür zu nehmen. Somit wäre zumindest das Ziel der Entschleunigung erreicht.
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