Erfolgreich als Fotograf

Jürgen Pagel

Kann man heutzutage noch als Fotograf:in erfolgreich werden?

Das ist eine Frage, die mir häufig gestellt wird und die ich in Foren immer wieder auf's Neue thematisiert wird.

Eine Antwort darauf ist so schnell nicht möglich, denn der Weg ist zweifelsfrei ein steinig und steil ist er noch dazu.
Ich versuche es trotzdem in der Kurzversion, denn "eigentlich" ist das mindestens ein Wochenendseminar. Und glaube mir, alle die schlauen Sprüche und Seminare, die Dich in einer Woche zum erfolgreichsten Fotografen ever machen, sind obsolet. Sie funktionieren nicht und wenn doch, dann ist das der pure Zufall. Egal, was Dir mehr oder weniger bekannte Influencer versprechen.

Was benötigst Du, um als Fotograf:in erfolgreich zu sein?


Wille. Unbedingt. Du musst es wollen und Dir einen Tag ausgucken, bis wann Du Dein Ziel umgesetzt haben willst. Dann wird es (ziemlich) sicher gelingen. Sätze wie "Ach, ich probiere das mal aus", "Eigentlich brauche ich das gar nicht" oder "Nächstes Jahr reicht es auch noch" müssen 'raus aus Deinem Kopf! Ganz wichtig.


Was Du auf jeden Fall nicht brauchst


Du brauchst kein super teures Equipment. Wenn Du ein oder zwei Kameras hast, dann nutze sie. Du brauchst nicht das Neueste APS-C-Modell und schon mal gar nicht eine neue Vollformat-Kamera mit einem Satz Objektive, womit dann schnell die 8.000 Euro-Grenze erreicht ist.


Du brauchst zum Start kein Logo, keine super aufwendigen Visitenkarten und auch keine Website, deren Pflege und Bearbeitung Dich im Jahr 4.000 Euro und mehr kostet.


Du musst nicht der perfekte Bildbearbeiter sein. Grundkenntnisse in der Bildbearbeitung sind zunächst ausreichend. Mehr geht immer.


Was Du brauchst und können solltest


Du brauchst - was jetzt nicht wirklich überraschend ist, eine Kamera. Da Du Dich mit dem Gedanken der Selbstständigkeit oder Dich zumindest mit dem Gedanken der Professionalisierung auseinandersetzt, wirst Du bereits eine solche besitzen.


  1. Damit musst Du Dich perfekt auskennen. Du musst Deine Kamera in dunkelster Nacht bedienen können - mit geschlossenen Augen. Du musst Dein Stativ in Windeseile aufbauen können, ebenfalls mit geschlossenen Augen. Dabei spielt das Kameramodell keine Rolle. Nahezu alle Kameras machen heutzutage super gute Bilder. Der Rest ist Bildbearbeitung.
  2. Du solltest die Regeln der Bildkomposition beherrschen, die Regeln kennen (die wenn Du sie kennst, selbstverständlich auch brechen darfst).
  3. Du solltest ein fotografisches Auge haben. Wenn Du das nicht hast, kannst Du das auch nicht lernen. Das hast Du oder Du hast es nicht. Wenn Du es hast, kannst Du es optimieren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
  4. Du solltest die Grundzüge der Bildbearbeitung beherrschen. Lightroom ist schön prima, Photoshop kann, muss aber nicht sein. Egal, welches Programm, Grundlagen müssen sein.
  5. Was Du auch brauchst (noch vor den Kunden), sind Kontakte, Beziehungen, ein Netzwerk. Ohne wird das richtig schwer. Die Kunden werden Dir nicht hinterher laufen - noch nicht. Du wirst viele Angebote abgegeben müssen, um einen Auftrag zu erhalten. Hier gilt die 1%-Regel. 10.000 Kontakte bringen Dir 100 Interessenten. Von den 100 Interessenten wird sich ein Einziger für Dich entscheiden. Klingt brutal, ist aber so. Mit einem umfassenden Netzwerk wird das deutlich einfacher und geht schneller, weil der einen kennt, der einen kennt, der wiederum einen kennt, der gerade einen Fotografen braucht.
  6. Kontaktfreude. Ja, das macht es einfacher. Wenn Du ein introvertierter Mensch bist, der persönliche Kontakte und Auftritte scheut, wird das nix.
  7. Grundlagen im Bereich Social Media. Es geht zwar nicht alles über Instagram, Facebook, LinkedIn und Co., aber doch das eine oder andere. Wenn Du zu denen gehörst, die immer noch meinen, dass viele Hashtags einen Erfolg garantieren, solltest Du an Dir arbeiten, denn dem ist keineswegs so.
  8. Blitzen ist nicht kriegsentscheidend, aber es ist gut, wenn Du die Grundlagen beherrschst.
  9. Kaufmännische Kenntnisse. Grundlagen im Steuerrecht musst Du kennen. Du musst wissen, was eine EÜR ist und wie Du Deine Steuererklärung erstellst. Denn wenn Du das nicht kannst und denkst, das Du das sowieso Deinen Steuerberater machen lässt, wirst Du niemals kontrollieren können, ob der alles richtig macht. Und glaub' mir, Steuerberater ist nicht gleich Steuerberater.
  10. Wieso macht man eigentlich immer 10 Punkte? Egal. Du musst flexibel sein. Kunden beauftragen Dich Samstags, Sonntags, nach 19:00 Uhr oder vor 07:00 Uhr. Klar hat alles seine Grenzen. Aber wenn Du erfolgreich werden willst, MUSST Du auch solche Aufträge gerne annehmen wollen.


Was Du noch brauchst


Fast hätte ich es vergessen: Preisgefühl. Die Fähigkeit zur Preiskalkulation. Der Preis orientiert sich eher nicht an der Konkurrenz, sondern an den Kosten, die Du für Dich kalkuliert hast. Und diesen Preis musst Du "verkaufen". Der Preis wird Dein Klientel bestimmen. Bist Du zu günstig, kommen stets nur Kunden, die es noch billiger haben wollen. Bist Du zu teuer, kommt gar keiner. Beides ist echt doof. Es gilt also das Mittelmaß. Nicht zu billig, damit Du die Händler und Billigheimer los bist und so hochpreisig, dass man den Wert Deiner Leistung erkennt, ohne von vornherein abgeschreckt zu werden.


Und dann brauchst Du zum Start eine Website. Aber eben keine wie oben beschrieben, sondern eine, die sich leicht pflegen lässt und die Dein Portfolio umfassend darstellt. Anbieter gibt es genug. Ich persönlich finde IONOS (ehemals 1&1) immer noch sehr gut für Einsteiger geeignet und die Kosten sind auf Grund des Baukasten-Systems überschaubar. Schöne Visitenkarten gibt es übrigens schon ab 20-30 Euro und Flyer kannst Du Dir zu Beginn sparen. Wir "ersticken" ja mittlerweile in Flyer und Folder. Die liest sowieso keiner mehr richtig. Zeitungsanzeigen kannst Du Dir auch sparen. Die sind tot. Liest auch kaum jemand.


Und dann kommt wieder der Wille in's Spiel


Du brauchst den Willen, Dich einem Plan zu unterwerfen. Du musst einen Plan haben und den holst Du unbedingt ein. Natürlich hast Du Dir den zuvor reiflich überlegt. Aber dann ziehst Du das auch durch. Du willst Selbstständig sein, also musst Du auch Entscheidungen treffen. Die sind nicht immer automatisch richtig. Nein. Bisweilen entscheidest Du Dich auch falsch. Aber daraus lernst Du. Anders geht es nicht!


Das ist übrigens der Punkt, warum so viele Fotografen auf dem Weg zu einer erfolgreichen Karriere scheitern. Sie sind richtig gut, aber sie haben keinen Plan. Und wenn sie einen haben, geben sie ihn zu schnell auf oder verfolgen ihn nicht konsequent.


Mehr brauchst Du nicht


Das war's. Mehr bauchst Du nicht. Ist trotzdem einen ganze Menge und sicher noch ein Stückchen Arbeit. Aber das reicht, um zu MACHEN! Deinem künftigen Kunden interessiert weder Dein Equipment noch Dein persönlicher Leidensweg. Der will geile Bilder. That's all. Und Du lieferst ihm diese geilen Bilder. Sonntagmorgens um 06:30 Uhr. Und Abends kann er sie fertig bearbeitet downloaden.


Das alles ist extrem anstrengend. Besonders anstrengend ist es, wenn Du durch eine Fehlentscheidung zurückgeworfen wirst. Oder Kunden Dein Potential nicht erkennen wollen. Oder wieder einmal ein Kunde kurzfristig den Termin verschiebt. Oder Deine Kamera den Geist aufgibt. Oder, oder, oder.

Aber all das gehört dazu und das musst Du wollen.
Wenn Du das nicht willst, dann lass' es. Ist auch ok. Nicht jedem oder jeder liegt so etwas. Nichts muss, alles kann. Es kann nicht jeder Selbstständig sein, nicht jeder mag Sonntags um fünf Uhr aufstehen, nicht jeder mag seine wertvolle Freizeit opfern. Wenn Dir das alles zu riskant oder zu unbequem ist, dann lass' es. Ein Konkurrent weniger.


Fazit

Kann man also heutzutage noch als Fotograf:in erfolgreich werden?

Ja, man kann. Wenn Du weißt, was Du willst und hast, was Du dazu brauchst, geht das.

Melde Dich gerne, wenn Du Fragen hast.


© Jürgen Pagel 2022 LICHTWERK.DESIGN

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