Braucht es teures Equipment für gute Bilder?

Jürgen Pagel

Benötigt man teures Equipment für gute Bilder?

Lassen Sie uns einmal ganz nüchtern an die Sache herangehen.
Im Zeitalter der Handyfotografie ist irgendwie jeder und jede Fotograf/in. Es ist heute keine besondere Herausforderung mehr, ein gutes Bild zu machen. Ohne jede Kompositionsregel, ohne überhaupt irgendeine fotografische Regel zu kennen, werden in den sozialen Medien unzählige Bilder veröffentlicht - im Grunde ein Genre, dass vor 5-10 Jahren ausschließlich professionellen Fotografen vorbehalten war.

Was macht ein gutes Bild aus?
Die Antwort ist relativ einfach: ein gutes Bild ist, welches gefällt. Eines, das den Betrachter in den Bann zieht. Farbig, monochrom, schwarzweiß. Mit einem Motiv, dass dem Betrachter ebenso gefällt, wie dem Fotografen selbst. Geprägt von Leidenschaft, von Emotionen - weniger von Aspekten der Bildaufteilung, der Komposition, den Regeln (die der geneigte Laie sowieso nicht kennt und auch nicht kennen will), aber deswegen nicht vollkommen unwichtig sind.

Braucht es denn überhaupt Regeln?
Ich meine Ja und Nein. Nicht, weil ich sie nicht kenne. Sondern vielmehr, weil sie genau das begrenzen, was man als Kunst bezeichnet. Und das ist genau der Punkt, an dem sich die Wege eines professionellen Fotografen und die eines Handy-Knipser's trennen - genau das, was den professionellen Fotografen vom Freizeit-Bildermacher unterscheidet. Ja, weil die Wissenschaft mittlerweile weiß, wie man den Blick auf etwas lenken muss, um wahrgenommen zu werden, um etwas als "schön" zu empfinden und Nein, wenn Dich als Fotograf das nicht interessiert und Dein Bild auch ohne diese Regeln genug Ausdruck hat, um wahrgenommen zu werden. 

Das mit dem Belichtungsdreieck ist ja gut und schön. Aber was nutzt es, wenn man ein Bild mit einer hohen Tiefenschärfe erzielen möchte und das vorhandene Licht eine niedrige ISO bis maximal 3.200, um möglichst wenig Rauschen zu haben, nicht hergibt? Dann macht man das Bild eben mit offener Blende oder nutzt ein Stativ.
Was sind das für Empfehlungen, dass ein Landschaftsfotograf immer ein Stativ mit sich führen muss? Muss er das? Braucht es zur Landschaftsfotografie unbedingt lange Belichtungszeiten - also weniger als 1/10 Sekunde? Lassen sich nicht mit Offenblende auch tolle Landschaftsbilder erzielen? Die Antwort vorweg: Doch. Kann man so machen.

Ist das Hobby oder ist das Beruf?

Eine Frage neben der Weiteren, ob man sich das leisten kann oder mag. Wer sich für die Fotografie als Hobby entscheidet, tut gut daran, sich ein Limit zu setzen. Für Technikverliebte führt das sonst schnell in's Uferlose. Es vergeht kein Jahr, in dem nicht noch bessere, noch teurere Objektive und Kameras angepriesen werden - mit denen man ganz irre Sachen machen kann (oder auch nicht). Aber braucht es das alles?
Der Unterschied zwischen meinem Neewer Carbonstativ und meinem neuen Rollei-Aluminium-Staiv beträgt gerade einmal 100 Gramm. Zu Gunsten des Aluminiums. Überrascht, gell? Eine SONY A7III ist heute - 3 Jahre nach ihrem Erscheinen - von ursprünglich 2.700 Euro auf 1.600 Euro gesunken. Gut erhaltene und selten genutzte Gebrauchte sind auch schon für knapp über 1.000 Euro zu bekommen. Immer noch viel Geld. Deswegen die Frage, was und ob man sich das leisten will.

Können neue Modelle wirklich mehr? Die Unterschiede sind eher marginal. Es gibt nicht den Vollformat-Look, Filmsimulationen á la FUJIFILM sind toll, aber müssen nicht sein. Wer kein Pixelschubser ist, kommt auch mit 24 Megapixel gut zurecht und braucht - insbesondere, wenn der Bildausschnitt gut überlegt war und ein Croppen nicht notwendig erscheint, keine FUJIFILM Mittelformat mit über 100 Megapixel. Nice to have - aber brauchen tut das selbst der Profi eher selten.
Teure Filter? Kann man machen, muss man aber nicht. Mit Lightroom oder Photoshop lassen sich deutlich günstiger vergleichbare Effekte erzielen.

Tarnhosen und Tarnjacke? Rehe sind nicht doof. Gut getarnt nehmen sie den Geruch trotz einer vermeintlichen Unsichtbarkeit war. Das nutzt auch die teuerste Tarnjacke nichts.
Objektive? Da wird es sicher interessant. Letztendlich entscheidet die Linse, wie und wieviel Licht auf den Sensor fällt. Deswegen sind Objektive zweifelsfrei der Faktor, der über gut oder schlecht entscheidet. Da wird es dann tatsächlich teuer.

Aber wer in die Fotografie einsteigt und das ausschließlich als Hobby betreibt, tut gut daran, sich auf dem alternativen Markt umzuschauen. SAMYANG oder VILTROX bieten zumeist sehr gut und deutlich preisgünstigere Alternativen für alle gängigen Modelle. Und so verkehrt sind die meist recht günstigen Kit-Objektive nicht.

Und mal Hand auf's Herz? Wie viele semiprofessionelle Fotografen geben ein Heidengeld für ihre Objektivsammlungen aus, um dann nach zwei, drei Jahren festzustellen, dass man eigentlich nur ein Zoom (FUJINON hat z.B. ein sehr gutes, stabilisiertes 18-55mm f2.8 für seine APS-C im Angebot) nutzt und vielleicht ein oder zwei Festbrennweiten? Und da liegen dann auch die Unterschiede zu den Handy's. Mikrokleine Sensoren, winzig kleine Pixel, die wenig Licht erfassen, zwangsläufig mit viel Software hochgerechnet, oft nur mit einer Linse ausgestattet (mehr gibt es auf dem Zubehörmarkt für relativ viel Geld), werden die Bilder matschig. Auf dem Handy ok, auf dem Tablet geht es auch noch. Aber dann wird die Luft auch mit Hilfe von Photoshop oder Lightroom ziemlich dünn.


Dennoch gehört Vieles in den Bereich der Mythen. Es geht ohne Stativ, ohne Tarnanzug und dank Klappdisplay's muss sich niemand mehr spektakulär auf dem Boden liegend im Dreck wälzen - bücken reicht meist für abenteuerliche Ansichten und Perspektiven.

Die Kameraindustrie und der damit einhergehende Zubehörmarkt haben es hervorragend verstanden, Notwendigkeit zu schaffen, wo keine sind. Einen Markt u kreieren, den im Grunde in diesem Umfang niemand braucht.


Fazit
Entscheide, warum Du fotografierst. Hobby? Dann reicht zum Einen ein Handy und zum Anderen eine gebrauchte Systemkamera evtl. sogar mit fest verbautem Objektiv. FUJIFILM X100F oder die X100V sind hier hervorragende Kameras für die Klasse zwischen 1.000 und 1.200 Euro. Semiprofessionell geht es dann in Richtung FUJIFILM X-T3/4 oder X-E4 (ähnliche Funktionen wie die X100V, nur mit Objektiv-Wechsel-Möglichkeit).
Entscheide Dich, was Du überwiegend fotografieren willst. Portrait? Dann solltest Du wegen dem Bokeh über lichtstarke Objektive nachdenken (Blende 1.8 oder geringer, Brennweite 55 mm APS-C bzw. 85 mm Vollformat). Landschaften? Tendenziös eher Weitwinkel 18-25 mm. Streetfotogarfie? Prinzipiell egal, aber es kommt ein wenig auf Deine Kontaktfreudigkeit an. Bist Du introvertiert, hast keine Angst, auf Menschen zuzugehen, sind 25 mm Brennweite sicher gut. Du bekommst viel auf's Bild, musst aber aber u.U. näher ran. Versteckt aus dem Hinterhalt wird dann eine Herausforderung. 50 mm Brennweite oder mehr erlauben Dir mehr Abstand zum Motiv, haben jedoch auch ein schlechteres Bokeh.


Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Willst Du mehr wissen, dann schau' einfach immer wieder vorbei. Ergänzungen werden folgen.


Ansonsten gilt: Gut ist, was gefällt. Dein Motiv ist in der Mitte? Dann ist das so. Du fotografierst mit Stativ? Prima. Mache es und habe v.a. Spaß dabei. Deine Bildkomposition entspricht allen Regeln der Kunst? Super. Freu' Dich und wünsche allen Betrachtern alles Gute. Du tauscht mit Luminar 4 Deinen Himmel aus? Vollkommen in Ordnung, wenn der ursprüngliche Himmel grau und langweilig war. Denn jedes Bild ist besser, als gar keines.


Versteht mich bitte richtig: ich meine nicht, dass etwas schlecht oder richtig ist. Jeder kann und darf das so machen, wie er will. So, wie er/sie das für richtig hält. Das Schlechteste sind zweifelsfrei Dogmen. Wenn Regeln dazu dienen, uns der künstlerischen Freiheit zu berauben, ist das m.E. schlecht. Wenn Regeln dazu da sind, etwas zu haben, an dem man sich gerade zu Beginn der Fotografie entlang hangeln kann, sind sie gut.


Bedenke immer: Du machst das Bild. Dem Betrachter soll es gefallen. Wenn es ihm schon nicht gefällt, dann wenigstens Dir. Wenn es Dir auch nicht gefällt, lösche es nicht, sondern betrachte es als Lerneffekt und schaue es Dir immer wieder an, um festzustellen, was Du besser machen kannst.

Die Antwort auf die Frage zu Beginn des Artikels

Kurz und knapp: NEIN!


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