Der Weg zum Bild

Jürgen Pagel

"Wer das Ziel erreicht hat, wird den Weg dorthin vermissen."

Diesen Satz soll Konfuzius gesagt haben. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel bestimmt den Weg. 
Und was hat das jetzt mit der Fotografie zu tun?
Dem werde ich im Folgenden nachgehen.

Das Ziel bestimmt den Weg
Was ist das Ziel in der Fotografie (wobei ich das Filmen nicht im Grundsätzlichen ausklammern möchte)? Was ist überhaupt Fotografie? Definitionen gibt es derer Viele. Am Treffendsten beschreibt es diese: [...] Der Begriff Photographie wurde erstmals (noch vor englischen oder französischen Veröffentlichungen) am 25. Februar 1839 vom Astronomen Johann Heinrich von Mädler in der Vossischen Zeitung verwendet. Bis ins 20. Jahrhundert bezeichnete Fotografie alle Bilder, welche rein durch Licht auf einer Oberfläche entstehen. [Wikipedia]

Fotografie ist also das Speichern von Licht in seinen unterschiedlichsten Erscheinungsformen. Heutzutage auf einem Sensor. Anschließend erfolgt die kamerainterne Umwandlung dieser Informationen derart, dass diese auf einem Speichermedium - meist SD-Card - abgespeichert werden können. Nicht mehr und nicht weniger. Die vielen soft- und hardwareinternen Prozesse sollen uns an dieser Stelle nicht interessieren.
So. Nun ist das Bild auf der Speicherkarte, wir schieben diese in den PC, den Mac, das Handy oder das Tablet - auch dabei spielt das Medium keine tragende Rolle - und zack, schauen wir uns es an. Das Bild. Den Film.
DAS und nichts anderes ist Fotografie. Knips, speichern, laden, anschauen.

Dabei ist es zunächst vollkommen egal, ob die Bilder mit einer SONY A7III, einer FUJIFILM X-PRO3 oder einer LEICA M10 für 8.000 Euro gemacht wurden. Jaja, ich weiß. Jetzt kommen die Nerds mit ihrem "ja, aber die Leica hat einen ganz besonderen Look", "bei der Sony geht der mechanische Verschluss nach 70.000 Auslösungen kaputt", "die Fuji sieht toll aus, ist aber viel zu klein", "die hat nur einen CMOS", "Vollformat die bessere Kamera", "Mittelformat ist sowieso das Beste". Argumente gibt es viele. Gute und schlechte. Man sollte sie alle respektieren. Dennoch sind sie zunächst für das Speichern des Lichts nahezu unerheblich.

Aber ... (ich wäre ja nicht ich, wenn da nicht ein "aber" wäre), aber am Ende dieses bisweilen langen Weges zu einem mehr oder weniger fantastischem Bild steht der Betrachter.
Und der findet das Bild, dass mit einer 8.000 EUR-Kamera aufgenommen wurde, mit dem vermeintlichen besten Objektiv der Welt, total sch.... Das ist extrem frustrierend. Dann kommt da ein anderer Betrachter daher, der findet dieses eine Bild total toll - das aus dem Handy. Es ist zum Verzweifeln. Oder?

Zweifel angebracht oder nicht

Nein. Keineswegs. Das Ziel bestimmt den Weg. Es kommt immer darauf an, welchen Zweck du als Fotograf verfolgst. Es gibt kein richtig oder falsch.


Möchtest du ein Unternehmen mit deinen Bildern beglücken, sind die Ansprüche gar nicht so viel anders. Die Bilder MÜSSEN nach der Bearbeitung/ Entwicklung perfekt sein. Für den Zweck, den der Kunde wünscht. Diesen Kundenwunsch weißt du aber schon vorher. Deswegen fotografierst du nicht in's Blaue hinein und schaust mal, was dabei herauskommt. Sondern das Ziel bestimmt den Weg. Landen die Bilder ausschließlich auf Instagram und Facebook, reichen 12 MP locker. Also ein Handy. Dafür braucht es kein superteures Equipment.

Du "schießt" Portraits von einem Model für die Sedcard? Wow. Das muss 1a sitzen, denn das ist des Models (und letztendlich deine)  Visitenkarte in die weite Welt der Model-, Produkt und Modefotografie. Da sind die Ansprüche garantiert deutlich höher, als das ein Handy zu leisten in der Lage ist - Kamera, Licht und all das Equipment, das man für Bilder braucht, bei denen man jede Pore, jeden Kratzer, jede noch so kleine Macke sieht. Aber eben nicht nur für Instagram & Co., sondern eben auch für großformatige Drucke. Da muss beschnitten, vergrößert werden können und am Ende immer noch genügend Auflösung für DIN A3 übrig bleiben. Da scheint mir ein Handy überfordert zu sein.

Also nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel bestimmt den Weg. Alles andere wird bisweilen gewaltig überbewertet. Überlege dir also stets, wer deine Bilder betrachtet. Der geneigte Laie betreibt kein Pixelpeeping, der sucht nicht nach der allerletzten Schärfe. Für ihn zählt die Komposition, der Gesamteindruck. Sind deine Bilder eine Visitenkarte zum Einstieg oder zum Erhalt deines Berufslebens, dann muss nicht nur die Komposition sitzen, sondern auf dem Bild muss das zu sehen sein, was wichtig ist und die Schärfe muss da sitzen, wo sie hingehört. Das mag dann im Zweifel auch mit einem Handy gelingen (ohne entsprechende Fotoapp gelingt das fast immer, da ja alles irgendwie scharf ist), aber eine professionelle Kamera bietet dir bei weitem mehr Einstell- und Eingriffsmöglichkeiten, als ein Handy dazu in der Lage sein wird. Deine Entscheidung. Und die, deines Kunden.

Fazit

Das Ziel bestimmt den Weg. Behalte das stets im Auge - egal, was und wen du wo auch immer fotografierst. Für den schnellen Schnappschuss zwischendurch reichen 12 MP. Für Instagram und Facebook auch. Das Portraitshooting kann - einem bestimmten Ziel folgend ebenfalls mit einem Handy gelingen. Planst du Größeres, dann brauchst du auch Größeres. Siehe Thema Budget in einem der vorherigen Beitrag https://www.lichtwerk.design/wieviel-megapixel-braucht-der-mensch.

Entscheidend - und das kann man gar nicht oft genug sagen/ schreiben, sind die 20 cm hinter der Kamera. Die entscheiden über Schärfe, Belichtung und Komposition. Die Kamera selbst ist nur ein Hilfsmittel, den Weg zum Ziel zu gehen. Und wenn du dann dein Ziel erreicht hast, wirst du bisweilen überrascht sein, wie einfach das war - oder wie gut du das mit deinen Mitteln hinbekommen hast.


©Jürgen Pagel 2021 LICHTWERK.DESIGN


Neunzehn58 Photographie

Sammlung alter Kameras und Objektive
von Jürgen Pagel 23. April 2025
Viele schwören darauf, manche lehnen sie kompromisslos ab. Sehr wahrscheinlich haben beide Gruppen unrecht. Nur weil das Objektiv alt ist, ist es nicht zwangsläufig gut. Wenn eines seinen eigenen Charakter an einer Fujifilm X-T5 entwickelt, muss das an einer Nikon Z8 nicht unbedingt auch funktionieren. Richtig ist, dass sich am technischen Vorgang der Fotografie wenig geändert hat. Richtig ist aber auch, dass die Objektive aus den 50er bis in die frühen 90er Jahre in erster Linie für analogen Film entwickelt und gefertigt wurden. Und oftmals sind sie als Massenprodukt millionenfach hergestellt worden, ohne dass man Wert auf eine herausragende Qualität gelegt hat, denn auch nach 1950 saß das Geld nicht locker und wer sich schon für ein paar hundert Mark eine Kamera leisten konnte, dem kam die Industrie mit einigermaßen günstigen Objektiven entgegen.
Blitzlicht alt
von Jürgen Pagel 21. April 2025
Einer meiner großen Vorbilder in Sachen Blitzlichtfotografie ist - wie ich schon in einem anderen Blogbeitrag erwähnte - Aki Moosmann. Am 21.04.2025 erschien ein neues Video auf seinem YouTube-Channel, dass sich wieder einmal mehr mit dem Einsatz eines Blitzes bei Outdoor-Shootings und in einer U-Bahnhaltestelle beschäftigt. gerne teile ich dieses Video mit Euch!
Portfolio Personal Branding Mann im speziellen Licht
von Jürgen Pagel 20. April 2025
Erfahre, wie Personal Branding Fotografie deine Marke stärkt. Tipps, Bildideen & Strategien für authentische Businessportraits, die wirklich wirken.
Gemüse mit Preisbeschriftung auf einem Markt
von Jürgen Pagel 20. April 2025
Lerne, wie du als Fotograf realistische und faire Preise kalkulierst. Inklusive Beispielrechnungen, Tipps zur Preisgestaltung & Stundensatz-Berechnung.
Sezifikationsdaten der Fujifilm X-H2
von Jürgen Pagel 18. April 2025
In einer Welt, in der Kameras in technischer Hinsicht immer ähnlicher werden, gelingt es Fujifilm, aus der Masse hervorzustechen – nicht nur durch beeindruckende Technik, sondern auch durch ein ganz besonderes fotografisches Erlebnis. Als Besitzer der Fujifilm X100VI und X-H2 kann ich aus eigener Erfahrung sagen: Diese Kameras begeistern nicht nur durch ihre 40 Megapixel Auflösung, sondern durch eine nahezu magische Verbindung aus Bildqualität, Design und Emotion.
Aufmerksamer Hund in Pose als Portrait
von Jürgen Pagel 18. April 2025
Das 50mm-Objektiv gilt nicht ohne Grund als einer der beliebtesten Brennweitenklassiker in der Fotografie. Leicht, kompakt, lichtstark und vielseitig einsetzbar – es begleitet Fotograf:innen seit Jahrzehnten durch alle Genres. Doch wie verhält sich das beliebte „Normalobjektiv“ an unterschiedlichen Sensorgrößen, insbesondere im Vergleich von APS-C zu Vollformat? Und welche Motive lassen sich damit besonders wirkungsvoll in Szene setzen?
KI generiertes Model
von Jürgen Pagel 13. April 2025
H&M nutzt neuerdings künstliche Intelligenz, um digitale Doppelgänger von 30 Models zu erstellen, die in Marketingkampagnen und sozialen Medien eingesetzt werden sollen Diese Entwicklung wirft Fragen zur Zukunft von Fotografen, Stylisten und Models auf, da die digitalen Avatare potenziell die Nachfrage nach realen Modellen reduzieren könnten Die Models selbst können jedoch über ihre digitalen Doppelgänger bestimmen, sie für virtuelle Shootings zu nutzen und an andere Marken zu verkaufen Trotzdem machen Agenturen in Berlin große Sorgen, da sie beobachten, dass Kunden vermehrt Anfragen stellen, um sich weitreichende Bild- und Persönlichkeitsrechte vertraglich zu sichern und diese dann für KI-Anwendungen zu verwenden. Ohne klare gesetzliche Grundlagen ist es schwierig, fundierte und nachhaltige Entscheidungen zu treffen oder Schutzmechanismen zu etablieren.
Leica Kamera M9
von Jürgen Pagel 13. April 2025
Der Begriff „Leica-Look“ ist ein regelrechter Mythos unter Fotografen – geliebt, diskutiert, manchmal auch belächelt. Ja, viele sagen: Den Leica-Look gibt es. Aber er ist kein rein technisches Phänomen, sondern ein Zusammenspiel aus Optik, Sensorcharakteristik, Farbwiedergabe – und einer gewissen Portion Subjektivität und Markenmystik.
Fujifilm X100VI
von Jürgen Pagel 6. April 2025
Die Fujifilm X100VI (mittlerweile ist sie wieder problemlos verfügbar) ist eine Edel-Kompaktkamera mit einem 40 MP-Sensor und Objekterkennung. Sie nutzt den gleichen Sensor wie die X-H2 und die X-T5. Die Bildqualität ist herausragend, die fast schon legendären Filmsimulationen von Fujifilm stets eine gute Wahl für JPEG-Enthusiasten. Die Kamera ist für Einsteiger in das Fujifilm-System ebenso geeignet, wie für ambitionierte Hobbyfotografen oder für Profis als Backup-Kamera.
Model als KI
von Jürgen Pagel 5. April 2025
Künstliche Intelligenz (KI bzw. AI) verändert die Fotografie bereits heute massiv – von der Planung über die Aufnahme bis zur Nachbearbeitung. Für dich als Fotograf eröffnet das riesige Chancen, wenn man die Entwicklungen versteht und gezielt nutzt.
Weitere Beiträge