Bildbearbeitung - Editing & Composing

Jürgen Pagel

Editing & Composing

Die Bildbearbeitung gehört nicht erst seit der Neuzeit zum Rüstzeug eines jeden Fotografen. Schon zu Zeiten der fotografischen Anfängen wurden Bilder retuschiert, Personen hinzugefügt oder "ausradiert".

Wie weit eine solche Bildbearbeitung gehen kann, liegt zum Einen am Auftraggeber (Auftragsfotografie), zum Anderen am persönlichen Geschmack des Fotografen. Wie bei allen Dingen im Leben, ist der Grad zwischen Optimierung und Übertreibung sehr schmal.
Ein Gläschen Rotwein am Abend (oder am Morgen) kann der Gesundheit durchaus dienlich sein. Eine Flasche jeden Abend kehrt sämtliche Vorteile in's Gegenteil. So auch bei der Bearbeitung von Bildern.

Editing
Der Begriff Retusche (oder Editing - um beim englischen Sprachgebrauch zu bleiben) kommt aus dem Französischen von retouche, was wörtlich einmal berühren bedeutet und nichts anderes meint, als die nachträgliche Bearbeitung eines Bildes.
Der Retusche sind kaum Grenzen gesetzt - zumindest nicht auf der technischen Seite. Das geht vom Entfernen von Sensorflecken bis zur "ausradieren" von kleinen, kaum erkennbaren Vögeln am Himmel, die das Bild stören und auf Grund dr Winzigkeit eher wie große Staubfusel aussehen. Bei Portraitaufnamen gehört das Entfernen eines temporären Pickels oder ggf. einer Narbe ebenso dazu, wie das Entfernen von unerwünschtem Glanz auf Nase oder Stirn. Auch die Korrektur von Blitzaugen (zumeist Rot) ist eine Retusche - egal, ob das die Kamera intern oder der Fotograf in der Nachbearbeitung macht.
Dabei kann man von leichte von starken Retuschen unterscheiden. Sind die meisten Einstellungen korrekt in der Kamera erfolgt, bedeutet das weniger Arbeit in der Bildbearbeitung. Müssen Flecken oder Unsauberkeiten iim Hintergrund oder auf einem Layer entfernt werden, geht das schon in die Detailarbeit und die kostet Zeit. Dabei sind die Korrektur des Weißabgleich und der Farbtönung noch die kleinste Arbeit. Das Setzen von Masken gehört ebenso dazu, wie ein evtl. Nachschärfen oder das Erhöhen der Klarheit und die Dunstreduzierung. Aber all das geht noch als Retusche durch, weil dadurch nicht der Charakter, die Aussagekraft des Bildes verändert wird, sondern störende Elemente entfernt bzw. korrigiert werden (müssen). Auch ein Coop (Beschneiden) gehört dazu. Die Komposition des Bildes erfolgt jedoch weitestgehend vor dem Auslösen und wird im Nachhinein noch geringfügig durch das Beschneiden des Bildes korrigiert.

Composing
Ganz anders beim Composing. Wie der Name schon sagt, geht es um eine Bildkomposition - also das Zusammensetzen eines "neuen" Bildes aus den Bestandteilen der ursprünglichen Fotografie durch das Hinzufügen von anderen Elementen, die ursprünglich nicht in der Bildinformation enthalten waren. Dazu gehören das Austauschen eines Himmels, das Einfügen einer Berglandschaft auf eine grüne Wiese und vieles andere mehr. Im Vordergrund steht der künstlerische Aspekt, der ohne diese Art der Bildbearbeitung nicht zu erzielen wäre, weil die eingefügten Bildelemente zum Zeitpunkt der Fotografie schlicht nicht zur Verfügung standen.

Eine Landschaftsaufnahme NACH einer Bildbearbeitung.



Dieselbe Landschaftsaufnahme VOR der Bildbearbeitung - als aus der Kamera kommendes RAW.

Bei den beiden oben gezeigten Bildern ist deutlich zu erkennen, wie viel sich mit der Bildbearbeitung aus einem recht blassen RAW herausholen lässt. Und dadurch hat das Bild eindeutig an Strahl- und Aussagekraft gewonnen - wenn auch die Aufnahme an sich wenig spektakulär ist.



Was man nun mit einem Composing aus einer solchen Landschaftsaufnahme machen kann, zeigt das obige Beispiel. Es wurde eine Alpenlandschaft hinzugefügt und schon wird aus dem schnuckeligen, baden-württembergischen Bottwartal, eine österreichische Berglandschaft. Mit ein paar Mausklicks ist das schnell erledigt. Ich habe mir nun zugegeben nicht sonderlich viel Mühe bei der nachträglich Bearbeitung gegeben. Aber man bekommt das so hin, dass es dem unerfahrenen Betrachter verborgen bleibt, dass hier ein Composing stattgefunden hat.



Hier noch einmal beide Bilder im direkten Vergleich.



Es kann nun jeder selbst entscheiden, was ihm besser gefällt - mir persönlich eher das Bottwartal. Es zeigt jedoch, dass man nicht an die entferntesten Winkel dieser Welt reisen muss, um spektakuläre Bilder vom Mount Everest, dem Himalaya oder der spanischen Atlantikküste zu präsentieren. Das Ganze noch mit ein paar Google-Empfehlungen angereichert und scho wird ein geiler Wochenendtripp daraus.


Mit anderen Worten: Glaube nicht alles, was Du siehst.


Ich will damit keineswegs eine der beiden Arten der Bildbearbeitung kritisieren oder verteufeln. Auch wenn ich persönlich auf das Austauschen eines Himmels verzichten würde. Ebenso auf das Einfügen oder Eliminieren ganzer Szenerien. Wenn ich Sonnenschein will, dann fotografiere ich bei Sonnenschein und ich würde jetzt nicht auf die Idee kommen, einen tristen Regenhimmel gegen einen strahlend blauen Himmel mit ein paar Wölkchen auszutauschen, weil mir das schon zu viel Arbeit wäre, die gesamte Szenerie hinsichtlich der Belichtung anzupassen. Aber wer es mag, kann und darf das natürlich gerne tun.


Nur eines mag ich nicht und ich denke viele andere auch nicht - weswegen das Composing auch etwas in Verruf geraten ist: so zu tun, als ob.


Bei der ganzen Jagd nach Likes und Klicks darf der Blick für die Realität nicht verloren gehen. Die Fotografie an sich hat sich in den letzten10 Jahren weiterentwickelt und es wird auch noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Vor allem in Sachen Bildbearbeitung sehe ich noch einiges an Entwicklungspotential.


Wie immer liegt im Genre der Fotografie alles im Auge des Betrachters. Dennoch würde ich mir wünschen, dass man eine Schönwetterfotografie nicht als solche "verkauft", wenn das Bild auf Basis eine Composings entstanden ist und nur noch wenig bis gar nichts "Reales" enthält.


In diesem Sinne wünsche ich erfolgreiche Bearbeitung, ein ebenso spannendes Composing.


© Jürgen Pagel 2022

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